4. März 1982 - Polizei enttarnt Geisterstimme "Chopper"

Stand: 04.03.2017, 00:00 Uhr

Nichts ahnend hat sich der Patient in einer Folge von "Larry Brent" in den Zahnarztstuhl gesetzt. "Mit Unbehagen wartete er auf das gruselige Geräusch des Bohrers", heißt es in der Hörspielserie über den besten Spezialisten der "Psychoanalytischen Spezialabteilung" (PSA), einer internationalen Organisation für besonders schwierige Verbrechen. "Er ahnte nicht, dass ihm heute ganz andere Klänge einen Schauer über den Rücken jagen würden."

Bei Larry Brent treibt ein böser Geist mit ausgewiesenem Sexualtrieb in der Zahnarztpraxis sein Unwesen. "Willst du nicht duschen? Ich will zusehen, wenn du deine aufregenden Brüste knetest!", heißt es im Hörspiel. Die reale Vorlage für die Gruselfolge ist inhaltlich etwas weniger deftig, dafür aber sprachlich derber. "Du dei‘ Oarsch weg, I seh' ja nichts!", tönt es Anfang der 1980er-Jahre durch die Zahnarztpraxis von Dr. Kurt Bachseitz in Neutraubling bei Regensburg. Oder: "Ja, pfui Teufel, du stinkst ja aus dem Maul!"

Die Sprache der Liebe?

1981 beginnt der Spuk. Bis zu neunzig Mal am Tag stößt die Geisterstimme, die sich selbst "Chopper" nennt, in dem Sechzigerjahre-Bungalow der Zahnarztpraxis ihre Botschaften hervor. Aus Wasserrohren, Spucknäpfen, Toilettenschüsseln - und sogar aus einem Gullideckel vor der Praxis – scheint sie zu kommen. Sie belästigt Patienten mit Drohungen und Beleidigungen. Nur zu der 16-jährigen Zahnarzthelferin Claudia Judenmann pflegt sie ein zärtliches Verhältnis. Nicht nur ertönt Chopper nur dann, wenn Judenmann im Raum ist. Der Geist erklärt der jungen Frau auch immer wieder seine Liebe.

Ist Judenmann ein Medium? Oder treibt irgendjemand ein böses Spiel mit ihr? Journalisten aus der ganzen Welt wollen es vor Ort herausfinden - vergeblich. Die Bundespost schickt ihre besten Experten, um Fangschaltungen zu legen - umsonst. Auch der bekannte Parapsychologe Hans Bender reist nach Neutraubling. Und findet seine Lösung: Durch das Messingschild vor der Praxis ist das Übersinnliche eingedrungen.

Entlarvende Lippenbekenntnisse

Die Polizei rund um Hauptkommissar Norbert Czerny will sich damit nicht zufriedengeben. Sie gründet die "SOKO Geist" und tappt zunächst ebenfalls im Dunkeln. Am 4. März 1982 meldet sich Chopper erneut zu Wort. Da fällt einem Polizisten auf, dass Judenmann bei jeder Äußerung den übrigen Anwesenden den Rücken zuwendet und sieht im Spiegel, dass die Zahnarzthelferin die Lippen bewegt. Die Aura des Geistes verpufft in einer banalen Erklärung.

60.000 D-Mark haben die Ermittlungen gekostet. Einen Großteil muss das Ehepaar Bachseitz zahlen, das in den Spuk offensichtlich eingeweiht war und sich erst einmal in eine Nervenklinik einweisen lässt. Zahnarzthelferin Claudia kommt vordergründig mit einer Geldstrafe von 1.500 Mark davon. Tatsächlich aber ist sie durch den Rummel gezwungen, sich eine neue Identität zuzulegen.

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