Die große Heldenrolle bekommt er selten angeboten. Walter Giller spielt den lustigen langen Lulatsch von nebenan. Auch die Frauen erobert er in Filmen eher nicht; das ist die Aufgabe von düsteren Kollegen wie dem Österreicher O.W. Fischer oder Hardy Krüger. In dem Film "Drei Mann in einem Boot" (1961) gibt er sich mit dem dritten Platz zufrieden – nach den Alphatieren Hans-Joachim Kulenkampff und Heinz Erhardt.
Seine Rolle als ewiger Zweiter stört Walter Giller nie. In den Unterhaltungsfilmen der 1950er- und 1960er-Jahre – zum Beispiel in "Die Drei von der Tankstelle" (1955), "Charleys Tante" (1956) oder "Zwei unter Millionen" (1961) – ist sein Gesicht fester Bestandteil. Bald gilt er als einer der komischsten Männer der Nachkriegszeit.
Vom Regieassistenten zum Schauspieler
Dabei kommt Walter Giller, geboren am 23. August 1927 in Recklinghausen, auf Umwegen zur Schauspielerei. Als 16-jähriger Flakhelfer gerät er 1943 in Kriegsgefangenschaft und beginnt nach seiner Rückkehr ein Medizinstudium. "Ich wollte Arzt werden, wie mein Vater - der war Kinderarzt", erinnert sich Giller in der NDR-Sendung "Klassik à la carte". Doch dann zieht es ihn zum Theater.
Bei den Hamburger Kammerspielen arbeitet er hinter der Bühne, als Beleuchter und Regieassistent. "Ich war Tag und Nacht im Theater und so kam es, dass ich eigentlich alle Stücke auswendig kannte. Wenn kleinere Rollen nicht besetzt werden konnten, bin ich eingesprungen", sagt er.
Traumpaar der Wirtschaftswunderzeit
Als er Ende der 1940er-Jahre zum ersten Mal vor der Kamera steht, wird seine spätere Frau Nadja Tiller gerade zur Miss Austria, zur schönsten Frau Österreichs, gekürt. "Meinen Mann habe ich beim Drehen kennengelernt und er fragte mich: 'Was haben Sie denn morgen vor?' Und dann habe ich gesagt: 'Was denn?' Da hat er gesagt: 'Ich dachte, wir könnten vielleicht heiraten!'", sagt Nadja Tiller in der WDR-Sendung "Erlebte Geschichten". Sie sagt nicht gleich ja, erst drei Jahre später. "Das Gute an unserer Beziehung war, dass er diesen fabelhaften Humor hatte."
Tiller und Giller gelten als Traumpaar der Wirtschaftswunderzeit. Während die gebürtige Wienerin vorwiegend den verführerischen Vamp verkörpert, spielt Walter Giller meist schnoddrige Spaßvögel. Und ist in manchen Klamotten und seichten Streifen zu sehen. "Ich habe viel Schrott gedreht", gibt er zu.
Hin und wieder fällt er als Charakterdarsteller auf, zum Beispiel in dem Film "Rosen für den Staatsanwalt": Er spielt den Gefreiten Rudi Kleinschmidt, der kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs zum Tode verurteilt wird. Er hatte zwei Tafeln Schokolade auf dem Schwarzmarkt gekauft. Er kann entkommen und trifft den Nazirichter später wieder. Der arbeitet unbehelligt als Oberstaatsanwalt im Nachkriegsdeutschland.
Rückkehr auf die Theaterbühne
Ende der 1970er-Jahre bekommt Walter Giller eine eigene Sketch-Show. Die präsentiert er charmant und lässig an der Bar sitzend, eben "Locker vom Hocker". Und er kehrt zurück zu seinen Wurzeln, auf die Theaterbühne. "Ich war durch den Film korrumpiert. Nach einigen Jahren fiel mir auf, wie toll das Theater war: Das ist eine wunderbare Welt, das ist die schönste Welt. Dann habe ich 20 Jahre im Wesentlichen Theater gespielt und war sehr, sehr glücklich", erinnert er sich.
Glücklich ist er bis zum Schluss mit seiner Frau Nadja Tiller. 2008 ziehen beide in ein Seniorenstift an der Elbe in Hamburg, allerdings in getrennte Appartements. Walter Giller stirbt Ende 2011 an Lungenkrebs. "Er war besonders, das muss ich sagen. Ich vermisse ihn. Es gibt so oft Gelegenheiten, wo man denkt: Ach, jetzt würde ich gerne mit ihm reden", sagt Nadja Tiller.
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