Margarete Bergmann

12. April 1914 - Leichtathletin Gretel Bergmann wird geboren

Stand: 12.04.2019, 00:00 Uhr

Wenige Tage vor ihrem 19. Geburtstag bekommt Margarete "Gretel" Bergmann den Brief, der ihr Leben für immer ändern wird: Der Ulmer Sportverein kündigt ihre Mitgliedschaft mit sofortiger Wirkung. Denn sie ist nicht nur eine Spitzen-Hochspringerin, sie ist auch Jüdin.

Wie Gretel Bergmann werden im Frühjahr 1933 überall jüdische Athleten aus Vereinen ausgeschlossen. "Und auf einmal ist alles anders", sagt Bergmann später. Plötzlich kennen sie alte Freunde nicht mehr, die ihr vertrauten Restaurants, Kinos und Freibäder sind tabu.

Gretel Bergmann, jüdische Hochspringerin (Geburtstag 12.04.1914)

WDR 2 Stichtag 12.04.2019 04:16 Min. Verfügbar bis 09.04.2029 WDR 2


Download

Außergewöhnliches Sprungtalent

Geboren wird Gretel Bergmann am 12. April 1914 als Kind einer schwäbischen Unternehmerfamilie. Schon früh zeigt sich ihr außerordentliches Talent. Als Jugendliche gewinnt sie einen Wettkampf nach dem anderen – bis sie von Hitlers Gefolgschaft nicht mehr gewünscht ist.

Nach dem bitteren Rauswurf geht Bergmann nach London und gewinnt die britische Hochsprung-Meisterschaft. Dann ordern die Nationalsozialisten Bergmann zurück nach Deutschland.

Schachfigur in Hitlers Olympia-Vorstellung

Die USA drohen mit einem Boykott der Olympischen Spiele 1936 in Berlin, wenn Deutschland seine jüdischen Sportler ausschließt. Die Nazis brauchen "Alibi-Juden", um das Ausland zu beschwichtigen.

Die Leistungssportlerin beugt sich dem Druck: "Ich wollte den Deutschen und der Welt beweisen, dass Juden nicht diese schrecklichen Menschen waren, nicht so fett, hässlich, widerlich, wie sie uns darstellten."

Trotz Rekord Olympia-Teilnahme verweigert

Die Vorbereitungen laufen vielversprechend. Trotz aller Schikanen überwindet Bergmann den deutschen Rekord von 1,60 Metern. Doch zwei Wochen vor dem Start teilt man ihr mit, dass sie wegen fehlender sportlicher Leistungen nicht qualifiziert sei.

"Als Gretel Bergmann diese Absage bekam, war die amerikanische Olympia-Mannschaft bereits auf dem Schiff von New York nach Europa", erzählt die Sport-Historikerin Jutta Braun. Das bedeutete, die USA würden teilnehmen, obwohl Bergmann ausgeschlossen ist.

Flucht in die USA

"Damals ist mir klar geworden, dass ich dieses verdammte Land verlassen musste", erzählt Bergmann rückblickend. Mit ihrem frisch vermählten Ehemann Bruno reist sie in die USA und will nie wieder deutschen Boden betreten.

Es dauert mehr als 60 Jahre, bis sie als Gretel Lambert 1999 zu Feierlichkeiten zurück nach Deutschland kommt. "Ich musste diesen Hass vergessen, den ich so lange in mir hatte", sagt Bergmann. Sie stirbt 2017 mit 103 Jahren.

Programmtipps:

Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.

"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 12. April 2019 ebenfalls an Gretel Bergmann. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.

Stichtag am 13.04.2019: Vor 20 Jahren: Willi Stoph stirbt