Fans des SV Werder Bremen zeigen während des UEFA-Cup-Spiels ihrer Mannschaft am 20.10.1982 ihre Anteilnahme am Tod von Adrian Maleika

17. Oktober 1982 – HSV gegen Werder: Fußballfan stirbt bei Krawallen

Stand: 17.10.2017, 00:00 Uhr

Sie nennen sich "Die Löwen" und wollen Fans des Hamburger SV sein. Aber rund um das DFB-Pokalspiel gegen Werder Bremen machen sie Jagd auf friedliche Fans – mit Gaspistolen, Knüppeln und Pflastersteinen. Ein Stein trifft Adrian Maleika, einen Glaserlehrling und Werder-Fan, der im Altonaer Volkspark auf dem Weg zum Stadion ist. Einen Tag später, am 17. Oktober 1982, stirbt der 16-Jährige an einem Schädelbasisbruch und Hirnblutungen.

Adrian Maleika, Fußball-Fan (Todestag 17.10.1982)

WDR 2 Stichtag 17.10.2017 04:11 Min. Verfügbar bis 15.10.2027 WDR 2


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"Dass jemand zu Tode kommt, das habe ich mir nicht vorstellen können", sagt HSV-Präsident Wolfgang Klein damals. Roland Maleika, Adrians älterer Bruder, hat das Geschehen bis heute nicht überwunden. "Er hätte nicht sterben müssen: eine andere Bewegung, einmal anders laufen." Darüber denkt er bis heute nach.

Der Friede von Scheeßel

"Der Tod von Adrian Maleika hat bei den Vereinen und Verbänden keinen dauerhaften Einfluss gehabt", sagt der Berliner Politikwissenschaftler Jonas Gabler, der 2010 das bekannte Buch "Die Ultras – Fußballfans und Fußballkulturen in Deutschland" veröffentlicht hat. Nur die Anhänger beider Vereine versuchen, ein Zeichen zu setzen. Sie treffen sich in Scheeßel, einer Gemeinde zwischen Hamburg und Bremen. Dort wird Friede geschlossen: Beide Fanlager einigen sich, dass es keine Vergeltung für Adrian Maleika geben darf. "Die große Stärke der frühen Fanprojekte wurde schon deutlich: nämlich Kommunikation zwischen verfeindeten Fanlagern herstellen", sagt Jonas Gabler.

Wer Adrian Maleika getötet hat, bleibt jedoch ungeklärt. Immerhin werden mehrere Mitglieder der "Löwen" wegen Körperverletzung und anderer Delikte zu Gefängnis- und Bewährungsstrafen verurteilt.

Polizei geht härter gegen Hooligans vor

Hooligans dominieren jedoch weiterhin den Fußball. Trauriger Höhepunkt ist das Europapokal-Endspiel 1985 in Brüssel, Juventus Turin gegen FC Liverpool. Kommentator Eberhard Figgemeier sagt damals: "Ich bin entsetzt, was sich hier im Heysel-Stadion in den letzten 60 Minuten abgespielt hat."

Nach schweren Ausschreitungen, provoziert von englischen Hooligans, sterben 39 Menschen. Das hat Konsequenzen für die Bundesliga. "Vor allem nach Heysel wird die Aufmerksamkeit für Gewalt beim Fußball wesentlich höher. Die Polizei geht härter vor", sagt Gabler. Nach und nach verschwinden die Hooligans aus den Stadien. Ihren Platz nehmen Anfang 2000 die Ultras ein, Gruppen fanatischer Fans. "Als die Ultraszene angetreten ist, war das eine Fankultur, die anders als die Hooligans nicht auf Gewalt gesetzt hat, sondern auf Support", sagt Gabler.

Keine Kollektivstrafen für Ultras

Bald hat jeder Profiverein mindestens eine Ultravereinigung. Ultras organisieren heute spektakuläre Choreografien – teilweise mit Konfetti, bengalischen Feuern und Fahnen. Einige überfallen aber auch friedliche Fans und zetteln in den Stadien Schlachten mit Pyrotechnik an.

Viel zu sagen haben sich Polizei und Deutscher Fußball-Bund auf der einen Seite und die Ultras auf der anderen Seite nicht. In diesem Dilemma macht der DFB nun ein Angebot. "Um zu dokumentieren, wie wichtig uns dieser Dialog ist, empfehlen wir unserem Kontrollausschuss keine Kollektivstrafen für Fangruppen zu beantragen", sagt DFB-Präsident Reinhard Grindel. Es soll ein Zeichen an die Ultras sein, die schon länger gegen ungerechtfertigte Stadionverbote protestieren. Fußballfans hoffen nun, dass es rund um die Stadien zwar fanatisch, aber endlich wieder friedlicher zugeht.

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