Tausende Spanier schreien sich am 2. Juni 2014 auf der Puerta del Sol in Madrid die Kehlen aus dem Leib. "Mañana, España, será republicana!", rufen sie: Morgen wird Spanien eine Republikanerin sein.
Ihr Protest richtet sich gegen das Königshaus. Die spanische Monarchie steckt in der tiefsten Krise ihrer Geschichte. Dabei hatte König Juan Carlos am Vormittag abgedankt.
Zustimmung zur Monarchie schwindet
Jahrzehntelang hatten die Spanier ihrem König viel verziehen. Doch auf einmal sprechen alle über seine vielen Verfehlungen. Zuletzt war er – mitten in der spanischen Finanzkrise – auf eine Luxussafari nach Botswana gereist und auf Elefantenjagd gegangen.
Dabei ist er Ehrenpräsident der Umweltschutzorganisation WWF. Die Zustimmung zur Monarchie sinkt bei den Spaniern erstmals auf unter 50 Prozent.
Juan Carlos dankt ab
"Trotzdem hatte keiner damit gerechnet, dass Juan Carlos zurücktreten würde. Es gab den Spruch: Ein Bourbone tritt nicht zurück", sagt Stefan Schaaf, ARD-Fernsehkorrespondent in Madrid.
Eines werden die Spanier Juan Carlos nie vergessen: Als junger Monarch verteidigt er während eines Putschversuchs im Februar 1981 Spaniens junge Demokratie. Damals hatte Oberstleutnant Antonio Tejero mit einer Einheit der Guardia Civil das Parlament gestürmt.
"König Juan Carlos trat noch am gleichen Abend vor die Fernsehkameras und sprach ein Machtwort. Das bleibt seine historische Leistung", erklärt Schaaf.
Felipe gilt als seriös, aber ein wenig langweilig
An diesem Abend steht auch er an seiner Seite: sein Nachfolger, der damals 13-jährige Felipe. "Er ist systematisch auf die Amtsübernahme vorbereitet worden, hat seinem Vater lange Zeit über die Schulter blicken können", sagt Schaaf.
Doch der hochgewachsene Felipe ist weniger jovial als sein Vater. Manchmal wirkt er steif und überkorrekt. "Er gilt als seriös, hat aber gleichzeitig den Ruf, ein Langweiler zu sein", erklärt Schaaf. Im Gegensatz zu seinem Vater hält er jedoch nichts vom Jagdsport und auch nicht vom Stierkampf.
Jüngster Monarch Europas bei Amtsantritt
Als er am 19. Juni 2014 mit einer eher bescheidenen Zeremonie die Nachfolge antritt, ist er mit 46 Jahren der jüngste Monarch Europas. König Felipe VI. will ein moderner Herrscher sein. Und er trägt eine überlebensgroße Last: Er muss das Vertrauen der Spanier in die Monarchie zurückgewinnen.
Dafür tut er seit seinem Antritt einiges, wie Stefan Schaaf erzählt. "Er hat zum Beispiel die Gehaltszahlungen im Königshaus öffentlich gemacht und sein eigenes Gehalt gekürzt. Das kam gut an in Zeiten der Krise. Aber Felipe weiß, er darf sich weiterhin keinen Fehltritt leisten."
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