Als Josef Wenzel Radetzky von Radetz vor 250 Jahren zur Welt kommt, ist Europas alte monarchische Ordnung noch unangefochten. Niemand ahnt, welche Umwälzungen und Revolutionen das kommende Jahrhundert bringt. Während seiner 72 Dienstjahre in der österreichischen Armee wird Josef Radetzky an deren Verlauf entscheidenden Anteil haben.
Fünf Habsburger Kaisern dient Radetzky als Offizier und schließlich als Feldmarschall, 17 Feldzüge macht er mit. Seinen größten Sieg erringt er über Napoleon I., den Kaiser der Franzosen. Am Ende seines Lebens preist das reaktionäre Österreich den greisen Heerführer als Retter des Vaterlandes. Kaiser Franz Joseph I. nimmt ihn in die Reihe der "berühmtesten, zur immerwährenden Nacheiferung würdigen Kriegsfürsten und Feldherren Österreichs" auf und Komponist Johann Strauss macht ihn mit dem Radetzkymarsch unsterblich.
Stratege der Leipziger Völkerschlacht
Der Spross einer böhmischen Adelsfamilie hat keinen leichten Start ins Leben. Kurz nach seiner Geburt am 2. November 1766 auf Schloss Trebnitz bei Seltschan wird Radetzky Vollwaise und von einem Onkel um sein Erbe gebracht. Ihm bleibt nur die Soldatenlaufbahn, die Armee aber lehnt ihn wegen seiner schwächlichen Statur ab. Der Junge mit dem unverhältnismäßig großen Kopf und gedrungenem Rumpf auf kurzen Beinen beweist Stärke und Zähigkeit. Er macht das Abitur und schafft 1784 doch noch als Kadett die Aufnahme in die österreichische Armee. Sein erster Feldzug 1788 gegen die Türken endet mit einer Niederlage.
Die Organisation der kaiserlichen Truppen ist hoffnungslos veraltet, ihre Ausrüstung ist schlecht und ihre Führung miserabel. Auch in den folgenden Schlachten gegen das revolutionäre Frankreich kann Österreich nicht siegen. Radetzky aber macht Karriere und lernt aus jeder Niederlage gegen die moderne Militärmaschinerie von Napoleon Bonaparte. Der Eroberer Europas scheint unbesiegbar zu sein, bis seine Grande Armée 1812 beim Winter-Feldzug in Russland untergeht. In der Strategie der zaristischen Generäle, offene Feldschlachten gegen die Invasoren zu meiden, erkennt Radetzky die einzige Chance, Napoleons Vorherrschaft in Europa zu beenden. Seit 1809 im Rang des Generalstabschefs, entwirft Radetzky die Defensivstrategie der alliierten Truppen Österreichs, Russlands und Preußens, die Napoleon 1813 in der Völkerschlacht bei Leipzig zum Verhängnis wird.
Niederschlagung der Freiheitskämpfer
Hoch dekoriert, aber völlig ausgebrannt, kehrt Radetzky nach dem Ende der napoleonischen Ära heim. Dank seiner Freigiebigkeit und Spielleidenschaft sowie der Verschwendungssucht seiner Frau ist er hoch verschuldet. Er wird bei halbierten Bezügen degradiert und auf einen Posten als Kavallerie- und Festungskommandant abgeschoben. Ein Freund, der reiche Armeelieferant Joseph Pargfrieder, begleicht Radetzkys alte und immer neue Schulden. Nach den revolutionären Unruhen von 1830 und dem Aufkommen nationalistischer Bestrebungen braucht Österreich wieder die strategische und politische Weitsicht des alten Haudegens. Als Generalkommandant in Norditalien bekämpft Radetzky erfolgreich die Aufstände der nach Unabhängigkeit strebenden Freiheitskämpfer.
Den Höhepunkt seiner Laufbahn erreicht der hochbetagte Radetzky während der Feldzüge in den Revolutionsjahren 1848/49. Mit seinen Siegen in fünf Schlachten in Norditalien festigt er wesentlich die Stellung des jungen Kaisers Franz Joseph gegen die Revolutionäre im eigenen Land. Der Dichter Franz Grillparzer widmet dem als Nationalheld Gefeierten die berühmten Worte: "In Deinem Lager ist Österreich!" Erst im Alter von 90 Jahren bittet Josef Radetzky seinen Kaiser 1856 um den verdienten Ruhestand. Keine zwei Jahre später, am 5. Januar 1858, stirbt "Vater Radetzky" in Mailand. Auf eigenen Wunsch findet er seine letzte Ruhe nicht – wie von Franz Joseph gewollt – in der Habsburger Kapuzinergruft in Wien, sondern am Heldenberg in Niederösterreich. Die protzige Gedenkstätte hatte Radetzkys Gönner Pargfrieder als sein privates Walhalla errichtet.
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