Feminismus ist Humbug. Verlierer der Gleichberechtigung, ja: sogar Verlierer im Verhältnis der Geschlechter sind nicht die Frauen, sondern die Männer. Davon ist Esther Vilar überzeugt.
"Außerdem müssen Männer sehr viel mehr opfern , wenn Kinder zur Welt kommen, als Frauen", lautet ihre These weiter. "Wenn der Mann Vater wird, dann heißt das doch, dass er die Eintrittskarte für das lebenslängliche Gefängnis schon bekommen hat, bis er, wenn er einigermaßen gewissenhaft ist, pensioniert ist."
"Tausendmal attraktiver"
Geboren wird Vilar als Esther Margareta Katzen am 16. September 1935 in Buenos Aires. Die Tochter deutsch-jüdischer Emigranten studiert zunächst in Argentinien Medizin, nach 1960 dann in Wilhelmshaven und München Soziologie und Psychologie. Ihre Tätigkeit als Ärztin bricht sie ab, um zu übersetzen und zu schreiben: "Ich habe gemerkt, dass mir eigentlich die Medizin relativ gleichgültig ist. Schriftstellerin zu werden war tausendmal attraktiver."
1971 veröffentlicht Vilar ihr sogleich kontrovers diskutiertes Buch "Der dressierte Mann", in der sie eine diametral andere Auffassung als die gerade aufkommende Frauenbewegung einnimmt. "Ich war jeden Tag wieder aufs Neue wütend, weil überall, in jeder Zeitung, die Frauen bemitleidet wurden", wird sie Jahrzehnte später in einem Radiointerview ihre Motivation beschreiben. "Wir wurden als Opfer dargestellt, und ich habe mich einfach nicht als Opfer gefühlt, und die meisten Frauen, die ich kannte, waren alles andere als Opfer. Und ich dachte, ich muss einfach etwas dagegen schreiben.“
Feindbild des Feminismus
"Der dressierte Mann" wird zum Bestseller, Vilar zum Feindbild des Feminismus. In der Münchner Staatsbibliothek wird sie sogar von mehreren Frauen zusammengeschlagen. "Wie kommen Sie zu dieser Frauenverachtung und zu dieser Männerverherrlichung?", wird sie 1975 in einem TV-Duell von Alice Schwarzer gefragt. "Was hat sie überhaupt motiviert zu sagen: Frauen sind dumm, Frauen können höchstens die Beine auseinanderhalten, Frauen haben keinen Ehrgeiz?"
Nach "Der dressierte Mann" schreibt Vilar noch zahlreiche weitere Sachbücher, Romane und Theaterstücke. An den Erfolg ihres Bestsellers reicht keines mehr heran. Ihre streitbaren Positionen auch zur weiblichen Homosexualität oder zur männlichen Polygamie nimmt sie nie zurück. Vilars Haltung zur Frauenquote ist da versöhnlicher: "Das ist etwas, wo man den Männern sagen muss: Es ist jetzt Zeit und das muss jetzt mal gemacht werden."
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