Werbung ist ein Phänomen mit Geschichte: Je nach Epoche funktioniert sie anders. Schon in der Antike gibt es Vorläufer von Werbung in Form von bemalten Tafeln, im Mittelalter preisen Marktschreier ihre Waren an. Es folgen Anzeigen in Zeitschriften, auf Plakaten und Litfaßsäulen.
Die meiste Aufmerksamkeit aber erzielt Werbung mit bewegten Bildern. Die Premiere findet am 5. November 1930 während einer Friseurmesse in London statt. Auf einem Fernsehapparat läuft ein Film über Dauerwellen, der zeigt, wie die Haarlocken noch dauerhafter halten.
Zunächst eher Produkt-Demonstration
Zwar hat man schon damals die Hoffnung, dass die Botschaft hängen bleibt und zum Kauf anregt - mit Werbung, wie wir sie heute kennen, hat der Film aber noch nicht viel zu tun. Er ist vielmehr eine Art Produktdemonstration. "Das primäre Ziel war, möglichst einfach die Vorteile und Wirkungsweisen eines Produkts vorzustellen", erklärt Marcel Loko, Mitbegründer einer Hamburger Werbeagentur.
Als Werbung 1956 die deutschen Wohnzimmer erobert, rückt die Information in den Vordergrund - schließlich kommen in der Nachkriegszeit viele neue Produkte auf den Markt. Den Anfang macht ein Spot im Bayerischen Rundfunk, in dem die Schauspielerin Liesl Karlstadt ihren Kollegen Beppo Brem über die Vorzüge des Waschmittels Persil aufklärt.
Die Konsumenten sollen durch die Werbung das Gefühl bekommen, ein Produkt unbedingt zu benötigen. Das geschieht zunächst in einem sehr paternalistischen Stil - passend zu einer Gesellschaft, die (männliche) Autoritäten akzeptiert.
"Alles ist möglich"
Dieses Vorgehen stößt in den 60er Jahren an seine Grenzen, weil die Menschen nicht mehr bevormundet werden wollen. Individualität, Unabhängigkeit und die große Freiheit ziehen auch in die Werbefilme ein. Die schöne Welt von "Alles ist möglich" lässt die Menschen staunen und kaufen - bis es einen neuen gesellschaftlichen Trend gibt. Nämlich den, alles kritisch zu sehen. Auch die Werbung.
Die passt sich an und fängt die Menschen mit Selbstironie, Witz und Provokation wieder ein. Sprechende Tiere im Urwald: Nicht nur bei japanischen Autos ist nichts mehr unmöglich. Den Puls der Zeit trifft auch eine Kaffeewerbung, die mit einem falsch geparkten Auto beginnt und dem charmanten Satz "Ich habe gar kein Auto" endet.
Im Jahr 2020 ist Nachhaltigkeit statt Witz gefragt. Die junge Generation geht für die Umwelt auf die Straße, und Supermarktketten preisen im Fernsehen ihre regionalen und saisonalen Produkte an - ganz im Sinne des Zeitgeistes.
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Stichtag am 06.11.2020: Vor 240 Jahren: Galvani beginnt seine Froschschenkelversuche