Es gehört zu den unbeliebtesten Geräuschen und sorgt bei vielen Menschen für Gänsehaut: das hohe Surren des elektrischen Zahnbohrers. Mit den hochfrequenten Tönen wird Schmerz assoziiert. Früher waren Kariesbehandlungen jedoch wesentlich unangenehmer.
Bis Anfang des 19. Jahrhunderts stochern Zahnärzte vornehmlich mit Schabern und stricknadelähnlichen Instrumenten in den Mündern ihrer Patienten herum. Die ersten Bohrer sehen aus wie mechanische Handmixer oder Tret-Nähmaschinen. Sie erfordern großes Geschick des Zahnarztes - und tapfere Patienten.
Uhrwerk als Antrieb
Der größte Nachteil mechanischer Bohrer ist ihre langsame Drehung. Das zieht nicht nur die Behandlung in die Länge, sondern sorgt auch für wenig Präzision.
1864 erfindet der britische Zahnarzt George Fellows Harrington eine Bohrmaschine samt Uhrwerk zum Aufziehen. Sie ist aus Silber und mit Blumenmustern verziert - hat aber nur eine Laufzeit von wenigen Minuten und ist sehr laut.
Funkenflug und Stromschläge
Revolutioniert wird die Zahnbehandlung durch eine Erfindung von George Green. Am 26. Januar 1875 erhält der US-Amerikaner das Patent auf den ersten elektrisch betriebenen Bohrer.
Das Gerät kann sich allerdings nicht durchsetzen. Der Motor ist zu schwer und zu groß. Zudem ist der Bohrer unzuverlässig: Es kommt zu Funkenflug, Ärzte und Patienten bekommen immer wieder Stromschläge. Darum ist noch lange Zeit der sogenannte Tretbohrer im Einsatz, der wie eine Nähmaschine mit einem Fußpedal betrieben wird.
Bis zum hintersten Backenzahn
Das Prinzip von Greens elektrischer Maschine hat erst in den 1960er Jahren Erfolg. Beim 1957 entwickelten Hochgeschwindigkeits-Luftturbinen-Handstück ist die Vibration aufgrund der hohen Umdrehungszahlen deutlich reduziert.
Dank der Erfindung kleiner Elektromotoren wandert der Antrieb in den Bohrer selbst. War es zuvor schwierig, mit der ganzen Apparatur nahe genug an den Patienten heranzukommen, erreicht der Arzt seitdem auch den hintersten Backenzahn.
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