Schüsseln mit Gemüse und Salat

7. Juni 1892 - Vegetarierbund in Leipzig gegründet

Stand: 07.06.2017, 00:00 Uhr

"Man befreie ihn von seiner Gier nach Fleischtöpfen … Man reinige ihn völlig von seinem Blutgeschmack … Man belehre ihn, dass er niemals zum Hauptschlächter der Erde geschaffen worden und dass sein Magen niemals zur Grabstätte tierischer Leichen bestimmt war", schreiben die Mitglieder des "Vereins für naturgemässe Lebensweise" über die Fleischesser.

Erschienen ist der Text in der Vereinszeitschrift "Der Vegetarier", und zwar schon Ende des 19. Jahrhunderts, am 1. Mai 1892.

Einen Monat später, am 7. Juni 1892, treffen sich die Vertreter verschiedener deutscher Vegetariervereine im Gasthaus Pomona in Leipzig. Natürlich kommt dort kein Fleisch auf den Tisch. Der "Deutsche Verein für naturgemässe Lebensweise", bereits 1867 in Nordhausen im heutigen Thüringen gegründet, ist zum Beispiel dabei und der Hamburger Vegetarierverein.

"Pflege edlen und wahren Menschentums"

Gemeinsam schließen sich die Gruppen zum Deutschen Vegetarierbund zusammen. "Es ging darum, nicht zu rauchen, keinen Alkohol zu trinken und kein Fleisch zu konsumieren", erklärt Sebastian Joy, heute Geschäftsführer des Vegetarierbundes Deutschland (VEBU), der aus dem Vorgängerverein entstanden ist. Auch Anhänger der Freikörperkultur und der Naturheilkunde sind damals darunter.

Die Lebensreformer wollen den Fleischkonsum erheblich senken, um ökologische und gesundheitliche Probleme zu lindern. "Der Zweck des Deutschen Vegetarierbundes ist die Förderung und Verbreitung des Vegetarismus, dessen Hauptforderung in der Pflege edlen und wahren Menschentums auf Grundlage der fleischlosen Diät besteht", schreiben die Gründer damals.

Den Konsum tierischer Produkte um die Hälfte senken?

Vom edlen und wahren Menschen spricht der Verein heute nicht mehr. Aber er wirbt immer noch mit denselben Gründen für die fleischlose Ernährung. "Unsere Mission ist es, den globalen Konsum tierischer Produkte bis zum Jahr 2040 um 50 Prozent zu senken", sagt Sebastian Joy.

Denn die industrielle Fleisch- und Milchproduktion in großem Stil schade Kleinbauern, Tieren, Umwelt, Klima – und dem menschlichen Körper, so der Verband.

Verband beklagt immensen Verbrauch

Für ein Kilogramm Rindfleisch werden laut Berechnungen des VEBU durchschnittlich 20.000 Liter Trinkwasser verbraucht, 50 Quadratmeter Regenwald vernichtet, 16 Kilogramm Soja und Getreide verfüttert und mehr Treibhausgase erzeugt als bei 250 Kilometern Autofahrt.

Und Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung bestätigt: "Die Deutschen ernähren sich insgesamt zu energiereich. Auch die Zufuhr von Fleisch ist nach wie vor zu hoch: Männer verzehren pro Tag doppelt so viel Fleisch, wie es empfohlen wird. Und Frauen liegen an der oberen Grenze."

40 Millionen Deutsche möchten weniger Fleisch essen

Doch das ändert sich. "Mittlerweile sagen über 40 Millionen Deutsche, dass sie weniger Fleisch konsumieren möchten", sagt Joy.

Als großer Lobbyverband versucht der Vegetarierbund, Politiker und Unternehmen zu beeinflussen. Dazu bleibt er auch mit den großen Fleischkonzernen im Gespräch – das gefällt nicht allen. Einige kleinere ökologische Betriebe haben den Verband in letzter Zeit verlassen.

Insgesamt steigen die Mitgliederzahlen aber: seit 2008 jährlich zwischen 20 und 40 Prozent auf inzwischen 14.000 Mitglieder. Damit ist der VEBU die größte Interessenvertretung für Vegetarier und Veganer in Deutschland.

"Ich glaube, uns unterstützen so viele Menschen, weil sie sehen, dass es nicht reicht, nur selber vegetarisch oder vegan zu leben. Man muss auch gesellschaftlich einiges verändern", sagt Sebastian Joy.

Die Vegetarier und Veganer haben inzwischen Macht auf dem Markt: Der Umsatz von vegetarisch-veganen Alternativen zu Milch-, Ei- und Fleischprodukten lag im Jahr 2015 schon bei 450 Millionen Euro – bei einem Gesamtumsatz in der Lebensmittelbranche von 150 Milliarden Euro. Das ist ein Anstieg von mehr als 25 Prozent gegenüber 2014.

Programmtipps:

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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 07.06.2017 ebenfalls an den Deutschen Vegetarierbund. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.

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