Kind mit Schnuller in Leipzig im Jahr 1957

27. Juli 1949 - Zwei Zahnärzte entwickeln den Schnuller

Stand: 27.07.2019, 00:00 Uhr

"Am Daumen gelutscht hat jedes Kind im Mutterleib - um sich auf das Saugen an der Brust vorzubereiten", sagt der Dortmunder Zahnarzt Sebastian Schulte. Und der Saugreflex bleibt auch nach der Geburt bestehen.

Patent für Schnuller angemeldet (am 27.07.1949)

WDR 2 Stichtag 27.07.2019 04:08 Min. Verfügbar bis 24.07.2029 WDR 2


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Bereits im Mittelalter beruhigten Mütter ihre Säuglinge mit Lutschbeuteln aus Leinen. Sie enthielten meist süßen Brei, manchmal wurden sie sogar in Branntwein getunkt.

Und viele Kinder bleiben beim Daumen. Der ist hart und eine Katastrophe für das Gebiss. Die deutschen Zahnmediziner Adolf Müller und Wilhelm Balters sahen in den 1940er-Jahren immer wieder in Kindermünder mit schiefen Zähnen.

Schnuller ist besser als Daumen

Gemeinsam entwickeln sie schließlich einen anatomisch geformten Schnuller, der Kinder beruhigen und ihre Kieferentwicklung fördern soll. Am 27. Juli 1949 melden sie ihren asymmetrischen Sauger aus Kautschuk mit flachem Schaft und einer Schildplatte gegen das Verschlucken zum Patent an. Der moderne Schnuller wird unter dem Markenzeichen "natürlich und kiefergerecht", kurz NUK, auf den Markt gebracht und ein voller Erfolg.

"Der Schnuller ist auf jeden Fall besser für den Kiefer als der harte Daumen: weil er weicher ist und den Kiefer nicht so sehr verformt", sagt der Zahnarzt Sebastian Schulte.

Auch Schnuller verformen den Kiefer

Doch auch der kiefergerechte Schnuller hat Nachteile. "Durch den Fremdkörper im Mund werden die Oberkieferzähne nach vorn gedrückt und der Oberkiefer ein wenig geweitet. Zudem fehlt der Druck der Zunge, der Wangen und der Lippen auf den Zähnen. Wenn der Schnuller dazwischen steckt, können sich die Kiefer nicht gut formen", erklärt Sebastian Schulte.

Es droht der so genannte "lutschoffene Biss": Die Frontzähne sind nach vorn geneigt, die Oberlippe liegt auf den Frontzähnen und einige Kinder können manchmal den Mund nicht mehr schließen.

Sebastian Schulte warnt auch vor sprachlichen Störungen. "Das Kind kann die S-Laute nicht so gut sprechen, denn es fehlt die Abstützung der Zunge an den Frontzähnen." Er empfiehlt, den Schnuller schon mit einem, spätestens mit drei Jahren abzusetzen.

Der Schnullerbaum im Garten

Die Dortmunder Tagesmutter Alexandra Karafotias hat eine besondere Methode, den Kindern ihren Schnuller abzunehmen: einen Schnullerbaum im Garten, an dem rund 30 Stück hängen. "Der Zahnfee geben die Kinder ihren Schnuller gern, wir hängen ihn zusammen an den Baum. Die Kinder bekommen ein kleines Geschenk. Bei 55 Prozent der Kinder klappt das. Die anderen brauchen einen zweiten oder dritten Anlauf."

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