5. Juli 1854 - Der "Schachtürke" verbrennt in Philadelphia

Stand: 05.07.2019, 00:00 Uhr

"Der berühmte Schachtürke war ein Urbild künstlicher Intelligenz: eine Maschine, die das Schachspiel beherrschte", sagt der Historiker Stefan Stein vom Heinz Nixdorf Museumsforum, dem Computermuseum in Paderborn, wo ein Nachbau des Automaten zu sehen ist.

Der "Schachtürke" verbrennt (am 05.07.1854) WDR 2 Stichtag 05.07.2019 04:15 Min. Verfügbar bis 02.07.2029 WDR 2

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Der "Schachtürke", eine menschengroße Puppe in türkischer Tracht, sitzt hinter einem Schranktisch mit Schachbrett. Ihrem menschlichen Spielpartner ruft die Puppe im passenden Moment sogar auf Französisch "Échec! Échec!" ("Schach!") zu. Den Schachroboter gebaut hat der österreichische Beamte und Erfinder Wolfgang von Kempelen bereits Ende des 18. Jahrhunderts.

Eine der grandiosesten Fälschungen aller Zeiten

1769 wird der "Schachtürke" einer kleinen Öffentlichkeit am Hofe der österreichischen Kaiserin Maria Theresia vorgestellt. Die Kaiserin ist fasziniert von dem schachspielenden Automaten.

Im 18. und beginnenden 19. Jahrhundert bereist der "Schachtürke" die Welt. Die Reaktion auf ihn: eine Mischung aus Begeisterung und Unbehagen, wie sie heute die künstliche Intelligenz auslöst.

"Allerdings war der berühmte Schachtürke eine der grandiosesten Fälschungen aller Zeiten", sagt Stefan Stein. Der Türke war getürkt – ein Begriff, der tatsächlich hier seinen Ursprung haben soll.

Verräterische Geräusche im Kasten

"Dahinter steckt ein Verberge-Trick", erklärt Stein. Man öffnet den Kasten, niemand ist zu sehen. Dann wird der "Schachtürke" kunstvoll aufgezogen. Während die Zuschauer abgelenkt sind, rollt jemand auf einem Rollbrett von hinten herein. Stefan Stein: "Der hat ein Referenzschachbrett und eine Mechanik, mit der er die Figur bewegt."

Dass in der Schrankkonstruktion ein Mensch sitzen könnte, darüber wird bereits im 18. Jahrhundert spekuliert. "Einmal schrie jemand während der Vorführung laut 'Feuer! Feuer!', und dann fing es im Kasten an, verräterisch zu rumoren", sagt Stein.

Am 5. Juli 1854 verbrennt der "Schachtürke" tatsächlich. Längst hatte man ihn auseinandergebaut, sein Geheimnis herausgefunden und dem Chinese Museum in Philadelphia gestiftet, als dort ein Brand ausbricht.

Die Aura des Geheimnisvollen bewahrt sich der Apparat bis zuletzt. Ein Augenzeuge des Brandes schreibt damals: "Wir lauschten mit schmerzlichem Bangen. Vielleicht war es das Geräusch von knisterndem Holz oder das Brechen von Fensterscheiben, doch es ist gewiss, dass wir etwas durch die wütenden Flammen hörten ... Die letzten Worte unseres … verblichenen Freundes, der mit ernstem Wispern jene so oft wiederholten Silben sprach: Échec! Échec!"

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