Der Künstler sei eine Steigerung des Handwerkers. Trotzdem müssten Bildhauer und Maler wie Architekten und Designer zum Handwerk zurück.
So formuliert es der Architekt Walter Gropius 1919 in einem Manifest. Gropius will eine Schule begründen, in der Kunst und Handwerk verbunden werden. Es geht darum, Werke und Dinge für den Alltag zu schaffen, die ebenso schön wie praktisch sind – und die sich zudem noch jedermann leisten kann. Das ist das Konzept des Staatlichen Bauhaus in Weimar.
Hehre Ideen
Der 1883 in Berlin geborene und in einem wohlhabenden Elternhaus groß gewordene Gropius übt seinen Beruf trotz eines abgebrochenen Architekturstudiums dank Beziehungen aus. Er ist ein kluger Stratege, auch in Reklame. Und er schafft es, mit Johannes Itten, Wassily Kandinsky oder Paul Klee große Meister als Lehrer für seine Idee zu gewinnen. Am 2. April 1919 wird das Staatliche Bauhaus in Weimar eröffnet.
Bei Gropius geht es durchaus weihevoll zu. "Wollen, erdenken, erschaffen wir den neuen Bau der Zukunft, der aus Millionen Händen gen Himmel steigen wird als kristallines Sinnbild eines neuen kommenden Glaubens", heißt es in seinem Manifest. Das Pathos entspricht dem Zeitgeist, ist aber nicht ungefährlich: Beim obersten Bauhaus-Pädagogen Itten entgleitet die Esoterik des "kommenden Menschen" schließlich in eine Kunsttheorie, die in der Überlegenheit der weißen Rasse mündet.
Auch sonst hat trotz unbestreitbarer Innovation der Glanz Makel. Für Otto Normalverbraucher sind die Entwürfe wie die berühmten Wagenfeld-Leuchten oder Marianne Brandts mit Silber überzogenes Tee-Extrakt-Kännchen "MT 49" oftmals viel zu teuer. Und gebaut wird am Bauhaus anfangs aus Kostengründen nicht.
Exil und Auschwitz
Notorische Geldknappheit ist zentrales Problem am Bauhaus. Als die thüringische Landesregierung 1923 unter der Auflage Geld zuschießt, eine große Ausstellung zu veranstalten, baut das Architektenteam endlich ihr revolutionäres Musterhaus am Horn in Kubenform und mit Flachdach, durch das es aber schon bald hindurchregnet. Der Bau der Häuser einer Weimarer Bauhaus-Wohnsiedlung ist 15 Prozent teurer als bei konventionellen Gebäuden. Rund 1.000 Bürger beschweren sich über Preise und Mängel.
1925 zieht das Bauhaus nach Dessau um, 1932 nach Berlin. Ein Jahr später wird die Kunst- und Gewerbeschule von den Nazis geschlossen. Viele Lehrer und Schüler fliehen. Der Bauhäusler Fritz Ertl indes entwirft die Baracken und das Krematorium von Auschwitz-Birkenau.
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 2. April 2019 ebenfalls an die Gründung des Staatlichen Bauhaus. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
Stichtag am 03.04.2019: Vor 25 Jahren: Todestag des französischen Genetikers Jérome Lejeune.