Mehr als sieben Millionen Menschen - Deutsche und Osteuropäer - verlassen zwischen 1830 und 1974 ihre Wohnorte, um über Bremerhaven auszuwandern. Dort, wo die Schiffe in Richtung Übersee abgelegt haben, steht heute das Deutsche Auswandererhaus. Das erste deutsche Museum, das sich mit Migration aus und nach Deutschland beschäftigt.
Das Gros der Auswanderer verlässt Deutschland zwischen 1840 und 1940. Die Gründe sind vielfältig. Manche flüchten vor politischer Verfolgung nach der Revolution von 1848, bedeutsamer ist jedoch die wachsende Bevölkerung in den deutschen Ländern vor 1871. Wegen Landknappheit machen sich zehntausende Kleinbauern aus Bayern, der Eifel oder der Pfalz auf, um in der Neuen Welt ihr Glück zu finden.
In der Rolle eines Auswanderers
Mit einer Auswanderung sind Angst, Hoffnung und Träume verbunden - diese Gefühle sind aber unsichtbar und können auch in einem Museum nicht sichtbar gemacht werden. "Deswegen war von vornherein die Idee: Man muss versuchen, die Besucher in eine Inszenierung hineinzuziehen", sagt Simone Eick, Leiterin des Deutschen Auswandererhauses.
In der Ausstellung schlüpfen Besucher deshalb selbst in die Rolle eines Auswanderers - samt Name und echter Biografie. Jeder Gast bekommt einen Boarding-Pass, mit dem er Audiostationen und Monitore aktivieren kann. So erhält er Informationen über die Familiengeschichte des realen Auswanderers.
Imposante Kulissen
Nachgestellte Original-Schauplätze sollen das Nacherleben erleichtern. Im niedrigen Zwischendeck des Dampfschiffs "Lahn" wird beispielsweise die Enge erfahrbar, der damals Passagiere der 3. Klasse bei der langen Überfahrt in die USA ausgesetzt sind.
Ab 1890 müssen die Auswanderer durch ein Nadelöhr namens Ellis Island. Wegen der immens steigenden Zahl europäischer Auswanderer richten die US-Behörden auf der New York vorgelagerten Insel eine Anlaufstelle ein. Der gefängnisartige Komplex ist in Bremerhaven im Kleinmaßstab nachgebaut.
Zwei Seiten einer Medaille
In den USA werden die Auswanderer zu Einwanderern und schließlich zu Einheimischen. Diesen Wechsel der Perspektive vollziehen auch die Museumsbesucher. Im zweiten Teil der Ausstellung kommen sie selbst in der Bundesrepublik der 1970er Jahre an - aus der Türke, Vietnam oder Syrien.
Das Deutsche Auswandererhaus, das am 8. August 2005 eröffnet und bereits 2007 als europäisches Museum des Jahres ausgezeichnet wird, thematisiert Aus- und Einwanderung als zwei Seiten einer Medaille.
Programmtipps:
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 08.08.2020 ebenfalls an die Eröffnung des Auswanderer-Museums in Bremerhaven. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
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