Alfred Adler gehört zu jenem Trio, das die Psychologie als moderne Disziplin begründet - zusammen mit Sigmund Freud und Carl Gustav Jung.
Mit Freud, dem Vater der Psychoanalyse, verbindet Adler ein besonderes Verhältnis. 1902 schickt ihm der 14 Jahre ältere Freud eine Postkarte und lädt ihn ein, mit anderen Ärzten an einer wöchentlichen Diskussionsrunde in Freuds Praxis in Wien teilzunehmen.
Minderwertigkeitsgefühl kompensieren
Zu diesem Zeitpunkt hat Adler, der am 7. Februar 1870 in Rudolfsheim bei Wien geboren ist, bereits selbst eine Arztpraxis. Der junge Nervenarzt gilt als hervorragender Diagnostiker. Das anfänglich gute Verhältnis zu Freud verkehrt sich allerdings ins Gegenteil, als Adler seine "Individualpsychologie" entwickelt.
Adler geht davon aus, dass ein frühkindlich bedingtes niedriges Selbstwertgefühl eine entscheidende Rolle im menschlichen Verhalten spielt. Der "Minderwertigkeitskomplex" werde durch den "Geltungstrieb" kompensiert. Aus Sicht von Freud steuert hingegen der Sexualtrieb alles.
Sozial verträglich leben lernen
Es kommt zum Bruch. Adler verlässt den Arbeitskreis. Von 1912 an lehrt er unter anderem am pädagogischen Institut der Stadt Wien. In Vorlesungen und öffentlichen Seminare vermittelt Adler die Ziele einer Psychotherapie aus seiner Sicht.
Es komme darauf an, den unbewussten "Lebensplan" eines Patienten zu entdecken, seine Art, mit den Herausforderungen des Lebens umzugehen. Wichtig sei es, das "Gemeinschaftsgefühl" des Patienten zu fördern, damit er eine sozial verträglichere Lebensführung lerne.
Die Funktion von Symptomen verstehen
Adlers Überlegung: Wenn ich verstehe, wie ich mich selbst blockiere, dann kann ich es angehen und verändern. Er will den Menschen helfen, aus prekären Situationen herauszukommen.
Darum habe Adler unangenehme Fragen gestellt, sagt der Psychologe Markus Jensch: "Wozu ist ein Symptom nützlich? Wozu ist es gut?" Adler stelle den Nutzen eines Symptoms in den Vordergrund - nicht den Schaden, der dahinterstehe.
Professur in New York
Ende 1926 geht Adler für Gastvorlesungen in die USA. 1932 übernimmt er in New York eine Professur an der medizinischen Fakultät. Fünf Jahre später kehrt Adler für eine Vortragsreise nach Europa zurück.
Dort endet seine Karriere unerwartet: Am 28. Mai 1937 stirbt Alfred Adler nach einer Herzattacke im schottischen Aberdeen.
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