"Unmöglich ist nur noch, was widersinnig ist!" Professor August von Kaven ist voller Zukunftsoptimismus, als er am 10. Oktober 1870 als erster Direktor der "Königlichen Rheinisch-Westphälischen polytechnischen Schule zu Aachen" die Rede zu deren Eröffnung hält.
"Die Fortschritte sind lediglich durch das Wachsen unserer Erkenntnis hervorgerufen." Die Techniker dürften wohl für sich in Anspruch nehmen, zur Entwicklung "der hohen deutschen Civilisation, worunter wir Bildung, Wissen und Können verstehen", beigetragen zu haben.
In die Rheinprovinz
Schon seit dem Beginn der Industriellen Revolution im späten 18. Jahrhundert sprechen Unternehmer von Innovation und Fortschritt. Forschungs- und Bildungseinrichtungen seien notwendig, um technisches Wissen zu erlangen und am Markt bestehen zu können.
Doch die traditionellen Universitäten haben Vorbehalte. Techniker sollen einen akademischen Rang erhalten?
Von der Idee bis zur Gründung der Polytechnischen Schule vergehen fast zwei Jahrzehnte, allein die Antwort auf die Standortfrage braucht 15 Jahre. Düsseldorf? Köln? Bonn? Auf jeden Fall die Preußische Rheinprovinz, wo die aufstrebende Industrie qualifizierten Nachwuchs benötigt.
Öffentlich-private Partnerschaft
Am Ende erhält Aachen den Zuschlag, weil sich der Preußische Kronprinz Friedrich Wilhelm dafür stark macht - und Aachen einiges bietet. Die Stadt stellt kostenlos ein Grundstück zur Verfügung, der Aachener "Verein zur Beförderung der Arbeitsamkeit" und die "Feuerversicherung" leisten massive finanzielle Zuwendungen.
Es ist schon damals eine "Public Private Partnership". So heißen ähnliche Konstruktionen heute: Forschung, Lehre und Vertreter der Wirtschaft schließen sich zusammen, in diesem Fall für die Gründung und den Betrieb der Schule.
Von der Idee zum Produkt
Ein Aushängeschild ist das "Maschinenlaboratorium". Ab 1899 leitet der Forscher und Unternehmer Hugo Junkers diese Einrichtung, die sich am Prinzip orientiert: Wir entwickeln alles, von der Idee bis zum Produkt. Junkers ist später Mitbegründer der Lufthansa.
Aus der Polytechnischen Schule wird die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule (RWTH). Noch heute arbeiten dort Forscher und Unternehmer zusammen. Auf dem Campus sind rund 400 Firmen vertreten.
Das entspricht ganz den Gedanken des Gründungsdirektors August von Kaven: "Es ist die Aufgabe, das vermittelnde Glied zu werden zwischen Wissenschaft und Praxis, zwischen Studierenden und der Industrie."
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