Wie man mit Eheanbahnungen wirkungsvoll Haus- und Herrschaftspolitik betreibt, das lernt Maximilian I. von seinem Vater: Friedrich III. - von 1452 bis 1493 erster Kaiser des Heiligen Römischen Reichs aus dem Hause Habsburg - stellt mit klugem Heiratsmanagement nicht nur die Einheit seiner zersplitterten Dynastie wieder her. Durch die von ihm eingefädelte Hochzeit seines Sohnes mit Maria von Burgund beginnt auch der Aufstieg des Hauses Österreich zur Großmacht in Europa.
Nach Marias frühem Tod 1482 erben die gemeinsamen Kinder Philipp und Margarethe neben dem Herzogtum Burgund auch Flandern, Brabant, Luxemburg und Holland. Maximilian erhält die Vormundschaft. Mit dieser Hausmacht kann er dem französischen König im Kampf um die Hegemonie in Europa Paroli bieten und den Grundstein für das Habsburgische Weltreich legen.
Spanien fällt an Habsburg
Um den Erzfeind Frankreich zu isolieren, verheiratet Maximilian 1496 Margarethe mit dem spanischen Thronerben Johann. Sein Sohn Philipp nimmt dessen Schwester Johanna von Kastilien zur Frau. Noch ist kein Jahr vergangen, da stirbt Johann an einer Infektion. Auch dessen königliche Eltern segnet bald das Zeitliche, so dass der Habsburger Philipp als Johannas Ehemann zum Herrscher über Kastilien, León und Granada aufsteigt. Sein Sohn Karl I. (als Kaiser Karl V.) erbt später die vereinigten Kronen Aragons und Kastiliens mit den neuen Kolonien in Amerika und begründet die spanische Linie der Habsburger.
Auch bei der zweiten von Maximilian I. eingefädelten Doppelhochzeit bleibt den Habsburgern das Erbglück treu. In den vergangenen Jahrzehnten war die Dynastie durch Besitzteilungen aus der Herrschaft über Böhmen und Ungarn verdrängt worden. Seit 1490 regiert dort König Vladislaw II. aus dem Geschlecht der Jagiellonen. Nach dem Machtzugewinn durch das burgundische Erbe will Maximilian nun den Einfluss über die östlichen Nachbarn zurückerobern. 1504 beginnt er Verhandlungen mit den Jagiellonen über eheliche Verbindungen der beiden Dynastien. Die dabei vereinbarte Doppelhochzeit legt das Fundament zur späteren Donaumonarchie Österreich-Ungarn.
Geschacher um Ehepartner
Zum künftigen Gatten von König Vladislaws Tochter Anna wird entweder Karl oder Ferdinand, beide Enkel von Maximilian, auserkoren; Maximilians Enkelin Maria soll wiederum Ludwig, den 1506 geborenen Thronerben Böhmens und Ungarns, heiraten. Die prunkvolle Doppelhochzeit findet am 22. Juli 1515 im Wiener Stephansdom statt. Zu diesem Zeitpunkt verhandelt Maximilian allerdings noch über aussichtsreichere Ehekandidatinnen für Karl und Ferdinand. Deshalb nimmt der 56-jährige Kaiser die erst 12 Jahre alte Anna zunächst als Stellvertreter selbst zur Frau. Anschließend werden Anna und Ludwig, beide erst neun Jahre alt, verheiratet.
Nach dem Tod Maximilians I. im Jahr 1519 einigen sich seine Enkel auf eine Teilung des Habsburger Reiches. Während Karl Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und König von Spanien wird, geht Ferdinand die Ehe mit Anna ein und erhält die österreichischen Erblande. Die vorausschauende Ostpolitik seines Großvaters zahlt sich bereits 1526 aus: Mit nur 20 Jahren stirbt der junge Jagiellonen-König Ludwig in einer Schlacht gegen die Osmanen, wodurch die Krone von Ungarn und Böhmen wieder an die Habsburger fällt.
Stand: 22.07.2015
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