Die einen dürfen am heiligen Tag keinen Strom einschalten. Die anderen verehren einen Messias, der erst die Endzeit verkündet hat und sich dann 2000 Jahre nicht blicken ließ. Und die dritten baden in einer schmutzigen Kloake, um sich zu reinigen.
So lange ich denken kann, haben mich Religionen interessiert. Gerade weil man nie ganz genau weiß, ob man es gerade mit heiligem Ernst oder doch mit einem Witz zu tun hat. Über das Leben nach dem Tod und die Existenz Gottes kann ich wenig sagen, jedenfalls nicht als Journalist. Aber es macht einen Unterschied fürs Hier und Heute, ob sich Menschen einen Gott vorstellen, der Gehorsam fordert, oder einen, mit dem sie streiten können (und müssen). Religionen erzählen Geschichten, mit denen sich Menschen in der Welt einrichten. Der Gedanke des Fortschritts wäre ohne die christliche Lehre von „den letzten Dingen“ vielleicht nicht möglich gewesen. Religionen sind manchmal irre und zeigen, wie irre das Leben ist. Studiert habe ich Religions- und Literaturwissenschaft in Marburg und Berlin. Lange habe ich aus Berlin als freier Reporter vor allem über jüdische Themen berichtet. Seit 2013 bin ich Redakteur beim WDR, moderiere die Sendungen „Diesseits von Eden“ und „Jüdisches Leben“ auf WDR 3.
Über Religionen berichten, bedeutet für mich: selbst keinen religiösen Standpunkt einzunehmen (jedenfalls nicht, so lange man im Dienst ist). In einem Land, das multikultureller und damit multireligiöser wird, ist es wichtig, die Herkunft der anderen zu kennen. Gerade wenn die Religionen weit weg zu sein scheinen, sind sie ganz nah: wenn es an der Börse zur Apokalypse kommt und wenn Wirtschaftsweise und Propheten auftreten und wenn Diät-Sünden locken.