Als Wolfgang Borchert am 20. Mai 1921 geboren wird, ist sein Geburtsort Hamburg-Eppendorf noch ein Stadtteil am Rande der Großstadt. Sein Vater ist Volksschullehrer, seine Mutter Mundart-Dichterin in Hamburg. Wolfgang bleibt das einzige Kind, ein künstlerisch begabter Junge, geliebt, verwöhnt und gefördert von seinen kulturinteressierten Eltern. Mit 15 beginnt er, Gedichte zu schreiben - oft wie im Rausch fünf bis zehn pro Tag.
Als Funker an die Ostfront
Die Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 ist für den Freigeist Borchert unerträglich: In der HJ hält es ihn nicht lange, den Hitlergruß verweigert er. 1937 sieht Borchert Gustaf Gründgens in "Hamlet" und will daraufhin Schauspieler werden. Die Eltern hingegen überreden ihn zu einer Buchhändler-Lehre, die er widerwillig antritt und später abbricht. Nebenbei nimmt er erfolgreich Schauspielunterricht.
1941 bekommt er ein Engagement an der Landesbühne Osthannover in Lüneburg. Drei Monate später wird er als Soldat einberufen und kommt als Funker an die Ostfront. Als die Gestapo bei Borchert regimekritische Briefe findet, wird er zu verschärfter Haft und anschließender "Frontbewährung" verurteilt: Ohne Waffe muss er an den Kämpfen teilnehmen.
Krank aus dem Krieg zurück nach Hamburg
Seine Erfahrungen im Krieg mit Kälte, Angst, Tod und Verzweiflung und der Verrohung und dem Verlust jeglichen Glaubens fließen später in seine Kurzgeschichten und in das Drama "Draußen vor der Tür" ein. Kurz vor Ende des Krieges gerät er in französische Gefangenschaft, kann jedoch fliehen und schafft es, sich zu Fuß nach Hamburg durchzuschlagen. Als er die Stadt zerlumpt, abgemagert und krank erreicht, erkennt ihn seine Mutter kaum wieder.
Zentraler Vertreter der "Trümmerliteratur"
In den folgenden Monaten schreibt er, oft mit hohem Fieber, vor allem Erzählungen. Schonungs- und illusionslos, teils aber auch humorvoll beleuchten sie die Kriegs- und Nachkriegszeit. Mit ihrer knappen, stakkatohaften Sprache lassen sie Borchert zum zentralen Vertreter der "Trümmerliteratur" avancieren.
Angeblich braucht Borchert für sein Drama "Draußen vor der Tür" nur acht Tage. Eine Adaption als Hörspiel im Februar 1947 kann er nicht hören, weil in seinem Stadtteil der Strom gesperrt ist. Die Uraufführung als Drama in den Hamburger Kammerspielen im selben Jahr erlebt er nicht mehr. Er stirbt einen Tag zuvor, am 20. November 1947, in einem Krankenhaus in Basel.
Autorin des Hörfunkbeitrags: Heide Soltau
Redaktion: Gesa Rünker
Programmtipps:
ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 20. November 2022 an den Todestag des Schriftstellers Wolfgang Borchert.
ZeitZeichen am 21.11.2022: Todestag der Schriftstellerin Maxie Wander