Im Juli 1741 richtet der Großgrundbesitzer Charles Jennens die Bitte an Georg Friedrich Händel, einen Auszug aus der Heiligen Schrift zu vertonen, den Jennens für ihn zusammengestellt hat. Jennens hat schon mehrere Textbücher für Oratorien an Georg Friedrich Händel geliefert. Der lebt seit dreißig Jahren als englischer Staatsbürger in London.
Ein genialer Schnell- und Vielschreiber
Der 66-jährige Händel macht sich ans Werk. Er ist selbstbewusst, eigensinnig, ein genialer Schnell- und Vielschreiber. In jungen Jahren wird er in Deutschland und Italien gefeiert. In London ist er sesshaft, als Hofkomponist und mit eigenen Opern-Aufführungen reich geworden. Sogar eine Statue von ihm steht in den Vauxhall Gardens. Jetzt ist seine Gesundheit, auch sein Ruhm angekratzt, einige seiner Opern sind bereits durchgefallen.
Oratorien sind keine Bibel-Opern
Oratorien sind beliebt. In ihnen werden biblische Stoffe rein musikalisch dargestellt, Händel hat bereits mehrere komponiert. Es sind allerdings keine Bibel-Opern. Denn das wäre ein zu weltliches Vergnügen für die Heilige Schrift.
Europäische Musikkunst in einer Komposition vereint
Den Messias komponiert Händel in nur 24 Tagen. Ein großer Wurf. Georg Friedrich Händel ist ein "europäischer" Komponist, hat in Italien und Deutschland gelebt, spricht mehrere Sprachen, beherrscht unterschiedliche Kompositionsstile.
Im Messias finden sich Solo-Arien im Stil der italienischen Oper, Chor-Gesänge der englischen Musiktradition, französische Instrumental-Musiken, kunstvolle Fugen wie in der deutschen Kirchen-Musik.
Dem Komponisten gefällt sein Werk
Vom Ergebnis ist wohl auch Händel selbst begeistert. Über den Schluss-Chor des zweiten Teils soll der Komponist gesagt haben: "Ich glaubte, den Himmel vor mir zu sehen und den allmächtigen Gott selbst."
Das Beste kommt zum Schluss
Die Uraufführung findet nicht in der Musik-Metropole London statt. Der irische Vizekönig hat den Komponisten eingeladen, eine Konzert-Saison in Dublin zu verbringen. Händel gibt monatelang Konzerte, wird als Organist gefeiert, sein neues Oratorium spart er sich als Höhepunkt auf. Am 13. April 1742, wird "The Messiah" in Dublin uraufgeführt.
Top in Dublin, Flop in London
Die Kirche portestiert gegen die Aufführung des Lebens Christi in einem weltlichen Theater. Doch Händel nimmt Kritikern den Wind aus den Segeln: Die Einnahmen gehen an Waisenhäuser und Hospitäler.
Händel will den grandiosen Dubliner Erfolg in London wiederholen, im Covent Garden Theatre. Den Ärger ahnend kündigt er nicht den "Messias", sondern "Ein neues geistiges Oratorium" an. Dennoch floppt das Oratorium in London zunächst.
Verspäteter Triumph auch in London
Erst Jahre später beginnt der Siegeszug des "Messias". 1750 wird die Benefiz-Aufführung in der Kapelle des Foundling Hospital zum triumphalen Erfolg. Seitdem wird das Oratorium dort jährlich aufgeführt, dann in ganz England, auf dem Kontinent und schließlich weltweit.
Georg Friedrich Händel stirbt im April 1759 und wird in der Londoner Westminster Abbey beigesetzt. Er gilt als nationales Musik-Heiligtum. Sein "Messias" wird zu einem Chor-Standardwerk in Konzertsälen und Kirchen, nicht nur zur Weihnachtszeit.
Autor des Hörfunkbeitrags: Christian Kosfeld
Redaktion: David Rother
Programmtipps:
ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 13. April 2022 an die Uraufführung des Händel-Oratorium "The Messiah". Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.
ZeitZeichen am 14.04.2022: Vor 110 Jahren: Kollision der "Titanic" mit einem Eisberg.