Im August 1945 endet die Potsdamer Konferenz. Die drei alliierten Siegermächte Sowjetunion, USA und Großbritannien halten in einem Protokoll fest, was sie vereinbart haben. Dazu gehört auch die Sicherheit der alliierten Truppen. Im Dokument heißt es dazu:
Der Anlass: SS-Reichsführer Heinrich Himmler initiierte im September 1944 den Aufbau der Untergrundbewegung "Werwolf". Ihre Mitglieder sollten in den bereits von den Alliierten besetzten deutschen Gebieten den Feind angreifen. Im befreiten Aachen ermordete daraufhin ein Werwolf-Kommando den von den Amerikanern eingesetzten Bürgermeister.
Stacheldraht, Hunger, Krankheit
Bei Kriegsende richtet die US-Truppen entlang des Rheins mehr als 20 sogenannte Rheinwiesenlager ein. Eingesperrt wird alles, was männlich und verdächtigt ist: Soldaten, potenzielle Werwölfe, Zivilisten. Die Lager bestehen aus Wiesen, die mit Stacheldraht umzäunt sind. Unterkünfte fehlen. Es herrschen Hunger und Krankheit.
Nach ein paar Monaten werden die amerikanischen Lager aufgelöst und die Internierten besser untergebracht. Die Briten dagegen unterscheiden von Anfang an zwischen Internierten und Kriegsgefangenen. Die Bedingungen in diesen Internierungslagern sind moderat. Trotzdem verhungern im ersten Kriegswinter Dutzende Häftlinge. Die französische Internierungspolitik gilt als willkürlich, aber vergleichsweise milde.
Willkürliche Verhaftungen
In der sowjetischen Zone hingegen ist die Lage prekär: keine Kleidung, kaum Essen, Flöhe und Wanzen. Für ihre "Speziallager" nutzen die Sowjets auch die früheren Konzentrationslager Buchenwald und Sachsenhausen. Weitere Lager entstehen in Hohenschönhausen, Mühlberg, Bautzen, Ketschendorf, Jamlitz, Weesow, Torgau und Fünfeichen.
Die meisten Internierten sind männlich und hatten untergeordnete Funktionen in der NSDAP oder NS-Organisationen. Die Verhaftungen geschehen willkürlich. Ein Verdacht oder eine Denunziation reichen aus. Insassen haben keine Beschwerdemöglichkeit. Die Verpflegung ist so schlecht, dass Verhungerte in Massengräbern verscharrt werden.
Ein Drittel verstorben
Am 10. Juli 1947 geht ein geheimer Bericht aus der sowjetischen Besatzungszone an das Innenministerium in Moskau. Über 31.000 Internierte seien verstorben. Von den noch lebenden rund 60.000 Inhaftierten seien über 40 Prozent krank.
Dennoch seien die sowjetischen Internierungslager nicht mit den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten gleichzusetzen, sagt die Historikerin Bettina Greiner. "Diese massenhaften Todesfälle sind nicht einem politischen Willen geschuldet, sondern politischem Desinteresse."
Als westliche Medien über die Situation in den östlichen Internierungslagern berichten, verbessern sich dort die Lebensverhältnisse. Anfang 1950 erreicht die gerade gegründete DDR, dass die Sowjets die Auflösung der letzten "Speziallager" ankündigen. Zu diesem Zeitpunkt sind die Lager im Westen schon lange geschlossen.
Autor des Hörfunkbeitrags: Heiner Wember
Redaktion: David Rother
Programmtipps:
ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 10. Juli 2022 an den sowjetischen Geheimbericht über das Massensterben in Internierungslagern der Ostzone. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.
ZeitZeichen am 11.07.2022: Vor 50 Jahren: Endspiel der Schach-WM zwischen Boris Spasski und Bobby Fischer