"Geheimhaltung ist der Schlüssel zum Sieg, höchste Geheimhaltung sichert das Überleben." So lautet das Motto der Roten Khmer. Diese kommunistische Bewegung gründet sich während des ersten Indochina-Krieges und kämpft Anfang der 1950er-Jahre gegen die französische Besatzung Kambodschas. Unter ihnen ist auch Pol Pot, der berüchtigte "Bruder Nummer eins" und spätere Diktator des Landes.
Bis in die 1960er-Jahre haben die Roten Khmer wenige Anhänger. Das ändert sich, als die USA beginnen, Kambodscha zu bombardieren. Damit wollen die Amerikaner während des Vietnamkrieges den sogenannten Ho-Chi-Minh-Pfad unterbrechen, die militärische Nachschubroute der Nordvietnamesen durch Kambodscha in den Süden Vietnams.
Sihanouk schlägt Bauernaufstände blutig nieder
Regiert wird Kambodscha damals von Prinz Norodom Sihanouk. Er war bis 1955 kambodschanischer König, dankte zugunsten seines Vaters ab und ging in die Politik. Mit der von ihm gründeten Partei gewann er die Wahlen. Seither ist er Regierungschef und ab 1960 auch Staatsoberhaupt. Als die USA mit den Bombardierungen beginnen, bricht er die diplomatischen Beziehungen zu ihnen ab. Sihanouk sucht die Nähe zu den Ostblockstaaten und zum kommunistischen China unter Mao Tse Tung.
Als 1967 und 1968 die kambodschanische Landbevölkerung protestiert, schlägt Sihanouk die Bauernaufstände blutig nieder. Er macht für die Unruhen die Roten Khmer verantwortlich. Daraufhin gründen die vermutlich zu Unrecht Beschuldigten offiziell einen militärischen Flügel und beginnen am 17. Januar 1968 einen Guerillakampf gegen die Regierung Sihanouk. Sie wollen die Macht übernehmen.
Rote Khmer richten Schreckensherrschaft ein
Im März 1970 bringen innenpolitische Querelen die Roten Khmer ein Stück näher. Denn Sihanouk wird von einem anderen Prinzen und einem General gestürzt: Die beiden organisieren ein Misstrauensvotum im Parlament, während Sihanouk im Ausland ist. Doch Sihanouk will unbedingt zurück an die Macht. Dafür paktiert er auch mit den Roten Khmer. Er verkündet das Bündnis im Radio und ruft seine Landsleute auf, sich dem Kampf der Roten Khmer anzuschließen.
Will zurück an die Macht: Prinz Sihanouk
Die Roten Khmer werden so mächtig, dass sie am 17. April 1975 in der Hauptstadt Phnom Penh einmarschieren und in Kambodscha die Regierung übernehmen. Gemäß ihrer pseudo-kommunistischen Ideologie wollen sie eine Agrargesellschaft wiederherstellen. Städte werden innerhalb weniger Tage evakuiert. Bei Gewaltmärschen in ländliche Regionen sterben zehntausende Menschen. Familien werden auseinandergerissen, Kinder zur Arbeit gezwungen, Andersdenkende gefoltert und ermordet.
Völkermord an rund zwei Millionen Menschen
Nach Schätzungen des Völkermord-Dokumentationszentrums in Phnom Penh verlieren in den knapp vier Jahren, in denen das Pol-Pot-Regime herrscht, rund zwei Millionen Menschen ihr Leben. Sie sterben an Hunger, Krankheiten, Überarbeitung, Folter und Mord. Sihanouk erklärt später, er sei in seinem Palast "vollkommen isoliert" gewesen und habe von der Brutalität der Roten Khmer nichts mitbekommen.
"Bruder Nummer eins": Pol Pot
1979 nehmen vietnamesische Truppen Kambodscha ein und installieren eine Marionettenregierung. Die Roten Khmer kämpfen noch jahrelang im Untergrund weiter. Erst 1991 schließen die verfeindeten Bürgerkriegsparteien Frieden. 2006 beginnt ein internationales Tribunal, die Verbrechen der Roten Khmer aufzuarbeiten. Doch viele der Verantwortlichen sind schon tot. Das Gericht spricht nur vier Schuldurteile gegen frühere Kader. Pol Pot bleibt ohne Strafe, er ist bereits 1998 gestorben.
Autorin des Hörfunkbeitrags: Andrea Kath
Redaktion: Matti Hesse
Programmtipps:
ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 17. Januar 2023 an den Beginn des Kampfes der Roten Khmer gegen die Regierung Sihanouk. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.
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