Schon als Kind liest Jocelyn Bell die Werke des britischen Astronomen und Radarforschers Fred Hoyle. Früh weiß sie, dass die Wissenschaft ihr Zuhause werden soll. 1965 wird Bell als Doktorandin in Cambridge angenommen. Ihr Doktorvater Anthony Hewish forscht zu einem brandheißen Thema der Radio-Astronomie: Quasaren. Das ist die Abkürzung für quasi-Sterne und bezeichnet die aktiven Zentren von Galaxien.
Etwas außerhalb von Cambridge beginnen Hewish, Bell und ihre Helfer, ein gigantisches Radioteleskop zu errichten. Zwei Jahre später empfängt die Anlage die ersten Signale. Diese werden vom Teleskop an einen Schreiber weitergeleitet werden, der jeden Impuls als Ausschlag auf einer Linie darstellt.
Täglich untersucht Bell die Kurven, kennt jeden Zentimeter, kann Quasare erkennen und von Störgeräuschen unterscheiden. Auf einem der Ausdrucke entdeckt sie im Oktober 1967 einen ungewöhnlichen Ausschlag, vergleicht ihn mit früheren Aufzeichnungen. Am 28. November erkennt sie in den Signalen eine klare Reihenfolge von Pulsen mit einem Abstand von 1,3 Sekunden.
Stern pulsiert nach Supernova
Später findet Jocelyn Bell noch eine weitere dieser pulsierenden Radioquellen, kurz darauf Nummer drei und vier. Fred Hoyle, der Astronom, dessen Werke Bell als Kind gelesen hatte, kommt schließlich auf die richtige Theorie: Bei den Objekten handelt es sich um schnell drehende Neutronensterne, die Überreste einer Supernova.
Explodiert ein Stern in einer Supernova, entsteht ein aufgeladener Gasnebel. Die Reste des Sterns verdichten sich zu einem kosmischen Ball, der sich mit hoher Geschwindigkeit um sich selbst dreht. Die von ihm ausgesandte Energie strahlt dann - wie bei einem Leuchtturm - in regelmäßigen Abständen. Der Stern pulsiert.
Nobelpreis für Entdeckung
1974 werden Bells Doktorvater Anthony Hewish und sein Chef Martin Ryle für ihre Rolle bei der Entdeckung der Pulsare mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Kritik erntet das Nobelkomitee aber, weil die eigentliche Entdeckerin Jocelyn Bell bei der Auszeichnung übergangen wird. Auf die Kritik angesprochen, verweist Hewish später auf die Teamarbeit in der Wissenschaft.
Auch ohne Nobelpreis hat Jocelyn Bell eine große wissenschaftliche Karriere gemacht. Bis heute hat sie viel Geld gestiftet für die Förderung benachteiligter Mädchen in den Naturwissenschaften.
Autor des Hörfunkbeitrags: Frank Zirpins
Redaktion: David Rother
Programmtipps:
ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 28. November 2022 an die Entdeckung des ersten Pulsars.
ZeitZeichen am 29.11.2022: Geburtstag des italienischen Komponisten Gaetano Donizetti