29. Juli 1948 - Die ersten Stoke Mandeville Games werden eröffnet

Das hätte bis dahin niemand für möglich gehalten: 1948 treten erstmals querschnittgelähmte Männer und Frauen gegeneinander an. Die Stoke Mandeville Games sind die Vorläufer der Paralympischen Spiele.

Anders als der Name vermuten lässt, kommt der Gründer der "Stoke Mandeville Games" ursprünglich aus Deutschland, genauer: aus dem oberschlesischen Tost. Ludwig Guttmann ist ein angesehener Hirnchirurg und Neurologe, bis er 1939 Nazi-Deutschland verlassen muss.

Als jüdischer Emigrant flüchtet er nach Großbritannien. Dort arbeitet er zunächst in der Hirnforschung in Oxford, bis ihn die Regierung bittet, in Vorbereitung auf den D-Day eine Spezialabteilung für Rückenmarksverletzungen aufzubauen. So gründet er 1944 am Stoke Mandeville Hospital in der Nähe von London ein nationales Zentrum für Rückenmarksverletzungen. Die meisten seiner Patienten sind kriegsversehrte Soldaten.

Vorläufer der Paralympics: Die ersten Stoke Mandeville Games WDR ZeitZeichen 29.07.2023 15:03 Min. Verfügbar bis 29.07.2099 WDR 5

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Bis dahin ist es gängige Praxis, Querschnittsgelähmte in ein Gipsbett zu packen und möglichst nicht mehr zu bewegen. Weil vielen Kriegsverletzten zudem noch auf dem Schlachtfeld unter unsterilen Bedingungen ein Katheter gelegt wird, sterben viele innerhalb weniger Monate an schweren Harnwegsinfektionen und Druckgeschwüren.

Ludwig Guttmann will das nicht länger hinnehmen. Das Legen der Katheter gilt unter Guttmann nun als ärztliche Aufgabe. Sie hat - im Gegensatz zu früher - immer unter sterilen Bedingungen zu erfolgen. Zudem ordnet er an, dass die Patienten regelmäßig gedreht werden, damit keine Druckstellen entstehen können.

Sport als Heilmittel für Gelähmte

Guttmann setzt zudem bei der Rehabilitation auf Sport - ein damals eher abwegiger Gedanke. Querschnittsgelähmte stellt man bislang eher ruhig und ließ sie einfach sterben. Doch unter Ludwig Guttmann ziehen Physiotherapie und Sport in Stoke Mandeville ein. Das Ziel war nicht mehr nur die Verlängerung der Lebenserwartung, sondern dass Querschnitssgelähmte ein normales Leben führen können. Guttmanns Patienten trainieren nun in den Krankensälen.

Als am 29. Juli 1948 in London die ersten Olympischen Sommerspiele nach dem Krieg eröffnet werden, geht's am selben Tag auf den Rasenflächen rund um das Stoke Mandeville Krankenhaus in Aylesbury etwas weniger feierlich, aber dennoch auch sportlich zu. 14 Männer und zwei Frauen treten im Rollstuhl im Bogenschießen gegeneinander an: das Team von Stoke Mandeville gegen das Team eines Londoner Krankenhauses.

Vorläufer der Paralympischen Spiele

Nach den ersten "Stoke Mandeville Games" 1948 werden jedes Jahr sportliche Wettbewerbe für Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer ausgetragen. International wird der Vorläufer der heutigen Paralympics dann zum ersten Mal 1952.

Ludwig Guttmann stirbt am 18. März 1980. Er erlebt nicht mehr, wie aus den "Stoke Mandeville Games" schließlich 1989 mit der Gründung des Internationalen Paralympischen Komitees offiziell die Paralympics werden - die Olympischen Spiele für Menschen mit Behinderung, von denen er immer geträumt hat.

Autorin des Hörfunkbeitrags: Andrea Kath
Redaktion: Matti Hesse

Programmtipps:

ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 29. Juli 2023 an die Eröffnung der ersten Stoke Mandeville Games (Vorläufer der Paralympics)

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