"Frauen taugen zu Richtern nicht, die werden vom Gefühl gelenkt, nicht von der Logik." Dieses Vorurteil ist weit verbreitet, als Maria Hagemeyer Richterin werden will. "Das wurde mir auch immer vorgehalten." Eines ihrer Gegenargumente: "Bei Ehescheidungen, da ist der eine Teil ja eine Frau. Warum sollen da nur Richter drüber urteilen können?"
Ihr Einsatz für Gleichberechtigung wurzelt in ihrer Kindheit. Die am 17. April 1896 in Bonn geborene Maria wird in der Schule gedrillt: "Als Oberprimaner mussten wir noch immer zu zweit in einer Reihe gehen, schweigend." Daraus entsteht ihr Berufswunsch: "Der Richter, der hat niemanden über sich, sondern ist nur seinem Gewissen und dem Gesetz verpflichtet."
Sehr gute Noten
Als Maria Hagemeyer die Schule beendet, können Frauen zwar Jura studieren, aber keine Examen ablegen. Trotzdem schreibt sie sich 1916 an der Bonner Universität ein. Drei Jahre später beginnt sie mit ihrer Doktorarbeit.
Als 1919 in der Weimarer Verfassung gleiche Rechte für Frauen und Männer verankert werden, können erstmals auch Frauen ihre Staatsexamen machen. Maria Hagemeyer ist dabei - mit sehr guten Noten. 1924 legt sie ihr Assessor-Examen ab, das sie zum Beruf als Richterin befähigt.
Erste Richterin
Nach einer Zwischenstation im Preußischen Justizministerium ist es 1927 so weit: Pressefotografen stehen Schlange, als Maria Hagemeyer ihre Stelle am Amts- und Landgericht Bonn antritt - als erste Richterin Deutschlands.
Sie beschäftigt sich mit Familienstreitigkeiten. Selbst eine Familie zu gründen, kommt nicht in Frage: Für Frauen im Öffentlichen Dienst gibt es eine Zölibatsklausel: Wer heiratet, wird entlassen.
Im Justizministerium tätig
Im Nationalsozialismus wehrt sie eine Versetzung ins Grundbuchamt ab und bleibt Richterin. Nach Kriegsende wird die Familienrechtsexpertin als Referatsleiterin ins Bundesjustizministerium berufen.
Maria Hagemeyer schlägt vor, dass alle ehelichen Belange von den Ehegatten gemeinsam getroffen werden. Doch die Kirchen lehnen ab. Auch im Bundestag gibt es Debatten. Erst 1957 wird der "Stichentscheid" - die Regelung, dass der Mann das letzte Wort hat - abgeschafft.
Zurück ans Gericht
Maria Hagemeyer ist damals bereits auf die Richterbank zurückgekehrt. Sie ist 1953 zur ersten Landgerichtsdirektorin im Gerichtsbezirk Köln ernannt worden.
Sie reist viel, informiert sich bei der UN und beim Supreme Court über Familienrechtsfragen. 1958 geht Maria Hagemeyer in den Ruhestand. Am 1. Dezember 1991 stirbt sie mit 95 Jahren in Bonn.
Autorin des Hörfunkbeitrags: Irene Geuer
Redaktion: Gesa Rünker
Programmtipps:
"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 17. April 2021 an Maria Hagemeyer. Das "ZeitZeichen" gibt es auch als Podcast.
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