Als neuntes von 16 Kindern des Kaiserpaares Franz I. Stephan und Maria Theresia geboren, stehen Leopolds Aussichten auf die Kaiserkrone zunächst schlecht. Der designierte Thronfolger ist Leopolds sechs Jahre älterer Bruder Joseph. Die Kindheit und Jugend der Brüder wird bestimmt von der sehr kontrollierenden Maria Theresia. Allerdings wird Leopold im Geist der Aufklärung erzogen.
Nach dem Tod des Vaters 1765 tritt Bruder Joseph zwar die Thronfolge als Kaiser im Heiligen Römischen Reich an - aber bis zum Tod Maria Theresias 1780 nur als Mitregent an Mutters Seite.
Leopold fällt durch die Rochade im Herrschaftsbereich der Habsburger nach dem Tod des alten Kaisers die Regierung über das Großherzogtum Toskana zu. Gerade noch hat dort eine große Hungersnot den Menschen zugesetzt und dem Regenten fehlt der Überblick über die wirtschaftliche Lage im Land. Also fängt Leopold bei Null an, lernt die Landessprache, holt erfahrene italienische Berater und lässt Studien über die Wirtschaftskraft des Landes erstellen.
Reformen in der Toskana
In den 25 Jahren, die Leopold die Toskana regiert, packt er umfangreiche Reformen an: wirtschaftlich, gesellschaftlich, religiös. Er schränkt Kirchenrechte ein, reformiert das Steuersystem, nimmt dem Adel Privilegien, liberalisiert den Handel, ordnet die Besitzverhältnisse an Grund und Boden neu, schafft körperliche Folter und als erster Herrscher auch die Todesstrafe ab.
Leopold verkörpert mit seiner Wissbegier und seiner vernunftgesteuerten Politik das Ideal des aufgeklärten Herrschers. In einem damals geheimen Brief an seine Schwester stellt er die Prinzipien des Absolutismus und des Gottesgnadentums in Frage. Der Historiker Michael Kaiser: "'Ich glaube, dass der Souverän nur der Delegierte des Volkes ist'- das ist ein Satz wie Donnerhall und das ist auch für das 18. Jahrhundert sehr bemerkenswert."
Der Kurzzeit-Kaiser
Auch Leopolds Bruder Joseph II. sieht sich als aufgeklärter Monarch, doch im Gegensatz zum jüngeren Bruder treibt er seine unausgegorenen Reformen überstürzt voran. Hinzu kommen Kriege und Krisen. Im Februar 1790 stirbt der Kaiser überraschend. Nun endet Leopolds ruhiges Leben in der Toskana. Im Oktober 1790 findet in Frankfurt am Main Leopolds Krönung zum Kaiser des alten Reichs statt. Der Kaiser hat nicht nur die Krone, sondern auch die Probleme seines Vorgängers geerbt.
Und das Vielvölkerreich ist nicht die kleine Toskana. Trotzdem gelingt es Leopold durch geschickte Politik, die Lage zu beruhigen. Er lässt sich in Ungarn und Böhmen zum König krönen und schließt Frieden mit den Osmanen. Probleme gibt es aber auch im Westen. Dort droht nach der französischen Revolution von 1789 die alte Ordnung unterzugehen.
Militärisch intervenieren, und so seine Schwester Königin Marie-Antoinette retten, will er aber nicht. Den Tod durch die Guillotine seiner Schwester muss er nicht mehr erleben: 1792 stirbt Leopold II. unerwartet. Nach seinem Tod bricht sein Sohn und Nachfolger Franz II. mit der Reformpolitik des Vaters.
Autor des Hörfunkbeitrags: Herwig Katzer
Redaktion: Matti Hesse
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