Raues Wetter, malerische Landschaften, guter Whisky und natürlich der Kilt - zahlreiche Menschen weltweit sind dem Charme Schottlands verfallen. Vor allem der karierte Herrenrock aus Schurwolle verkörpert das besondere Lebensgefühl von Freiheit und Selbstbewusstsein.
Doch steht er nicht immer für so viel Romantik, sondern lange Zeit für Widerstand und Revolte. Mitte des 18. Jahrhunderts wird der Kilt sogar verboten. Das hat mit dem komplizierten Verhältnis zwischen Schotten und Engländern zu tun.
Über viele Jahrhunderte sind Schottland und England getrennte Länder, die sich immer wieder bekriegen. In der Grenzregion gehören Überfälle zur Tagesordnung. Die Engländer versuchen mehrfach, das Territorium im Norden zu erobern, um für Ruhe zu sorgen - und um dort Steuern einzutreiben. Das gegenseitige Misstrauen wächst. Die Hinrichtung der ehemaligen schottischen Königin Maria Stuart durch die englische Monarchin Elisabeth I. im Jahr 1587 sorgt dann für den Tiefpunkt im Nachbarschaftsverhältnis.
Ungewöhnliche Thronfolgen
Das ändert sich 16 Jahre später schlagartig, als Elisabeth ohne Erbe stirbt und der Thron an den nächsten Verwandten geht: James VI., König von Schottland. Der ist nun gleichzeitig James I. von England. Die Königreiche werden fortan in Personalunion regiert, schließen sich aber erst ein Jahrhundert später unter dem Namen Großbritannien vollständig zusammen.
Kurz darauf kommt es erneut zu einer kuriosen Thronfolge: Königin Anne aus dem schottischen Geschlecht der Stuarts stirbt ebenfalls ohne Nachkommen, so dass das Zepter an den deutschen Kurfürsten Georg Ludwig von Hannover geht. Dieser spricht nicht mal Englisch, besteigt aber 1714 als Georg I. den britischen Thron. Als Annes nächster protestantischer Verwandter erhält er den Vorzug vor ihrem katholischen Halbbruder Jakob. Katholiken sind seit 1701 von der Thronfolge ausgeschlossen.
Kilt-Verbot nach Aufständen
Jakobs Anhänger, die Jakobiten, sehen in ihm aber den wahren König. Sie wollen seinen Anspruch mit Gewalt durchsetzen. Vor allem Bauern aus dem schottischen Hochland proben - gekleidet in traditionellem Tartan - den Aufstand. Erst 1745 gelingt es den britischen Truppen ihn niederzuschlagen.
Als Reaktion auf die brutalen Unruhen erlässt man in London ein Gesetz: Ab dem 1. August 1747 sind den Schotten Waffen und das Tragen ihrer traditionellen Kleidung untersagt. Verstöße werden streng bestraft.
Allerdings besteht das Kilt-Verbot nur knapp 40 Jahre, weil die letzten Anführer der Jakobiten gestorben sind und sich der Widerstandsgeist gelegt hat. Jetzt erst entsteht das romantische Bild vom typischen Schotten, der in karierten Stoff gehüllt für seine Selbstbestimmung streitet. Aus einem Symbol blutiger Rebellion wird schließlich ein Zeichen von Mut und Unabhängigkeit.
Autorin des Hörfunkbeitrags: Daniela Wakonigg
Redaktion: David Rother
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