Ohne groß nachzudenken, schreibt Tolkien den denkwürdigen Satz auf ein leeres Blatt Papier. Wie genau die Hobbits aussehen und welche Abenteuer sie erleben, muss sich der Professor anschließend noch ausdenken - wo diese Geschichte spielt, hat er aber schon länger in seinem Kopf.
Weite Felder, kleine Flüsse, grüne Bäume: Der fiktive Kontinent Mittelerde ist ein idyllisches Fleckchen Erde mit kleinen Dörfern wie Hobbingen, Wasserau oder Michelbinge. Tolkien erschafft eine ganz eigene Welt mit Völkern, Sprachen und einer Schöpfungsgeschichte. Eine Welt von Elben, Zauberern, Zwergen, Menschen - und eben Hobbits.
Gut zwei Jahre nachdem Tolkien seinen ersten Satz aufgeschrieben hat, ist das Manuskript fertig. "The Hobbit or There and Back Again" erscheint am 21. September 1937 beim Londoner Verlag George Allen & Unwin. In Deutschland kommt das Buch unter dem Titel "Kleiner Hobbit und der große Zauberer" 20 Jahre später auf den Markt.
Beutlin und Co. kommen gut an
Die Hauptfigur ist ein gewisser Bilbo Beutlin von Beutelsend: klein, rund, mit haarigen Füßen. Für ihn gibt es nichts Schöneres, als vor seiner Höhle zu sitzen, eine Pfeife zu schmauchen und das Sonnenlicht einzuatmen. Denn ein Hobbit ist gemütlich und weiß, was sich gehört.
Als der Zauberer Gandalf mit einer Gruppe von Zwergen bei Bilbo Beutlin auftaucht, ist es im "Hobbit" allerdings vorbei mit dem geruhsamen Leben im Auenland.
Von der Abenteuerlust gepackt bricht Beutlin mit ihnen auf, um sich vom Drachen Smaug einen Schatz zurückzuholen. Die Reise führt die Gruppe an vielen Gefahren vorbei. Sie kämpfen gegen Trolle, Wölfe und riesige Spinnen, sie fliehen vor Orks und gelangen in das Nebelgebirge, wo Beutlin in der Dunkelheit einen geheimnisvollen Ring findet.
Die erste Auflage des "Hobbits" ist innerhalb weniger Wochen vergriffen. Weil das Buch bei den Lesern so gut ankommt, bittet der Verlag Tolkien eine Fortsetzung zu schreiben. In den folgenden gut 15 Jahren entsteht "Der Herr der Ringe", der die Geschehnisse des "Hobbits" aufgreift und weitererzählt. Dennoch ist "The Hobbit" bei seiner Entstehung keine Vorgeschichte, sondern wird erst im Nachhinein dahingehend umgedeutet.
Der Ring rückt in den Fokus
Tolkien verändert einige Stellen im "Hobbit", damit die Geschichte insgesamt besser zum Herrn der Ringe passt. Während der eigentliche Besitzer des Rings - das mysteriöse Wesen Gollum - in der ersten Fassung Beutlin das Schmuckstück fast kampflos überlässt, hat er in der späteren Version ein viel größeres Interesse daran. Denn mit der Fortsetzung ist aus dem einfachen Zaubermittel des Rings ein Gegenstand der Macht geworden.
Anders als "The Hobbit" ist "Der Herr der Ringe" kein Kinderbuch mehr. Der Klassiker des Fantasy-Genres ist einer der erfolgreichsten Romane des 20.Jahrhunderts und macht aus J.R.R. Tolkien einen weltweit gefeierten Schriftsteller. Eine Trilogie und weit über 1.000 Seiten später ist es dann vollbracht: Der Ring ist vernichtet und bei den Hobbits kehrt endlich wieder gemütliche Ruhe ein.
Autor des Hörfunkbeitrags: Tobias Altehenger
Redaktion: Matti Hesse / Frank Zirpins
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