In Reggio Calabria, am südlichsten Zipfel Italiens, wird Gianni Versace am 2. Dezember 1946 geboren. "Meine Kindheit war wie in einem Fellini-Film", erinnert sich Versace später. Die Schneiderwerkstatt seiner Mutter wird für den schüchternen, aber willensstarken Jungen zum Ort seiner Träume. "Ich war von Frauen umgeben, das hat mich geprägt."
Der kleine Gianni sieht stundenlang zu, wenn die Mutter für Kundinnen aus der Umgebung Kleider näht. Ihm entgeht keiner ihrer Handgriffe. Perlmuttknöpfe und golddurchwirkte Stoffe gleiten durch seine Kinderhände. Das prägt seinen Geschmack ebenso wie der Blick aus dem Fenster: Dort sieht er einen Brunnen mit dem Mosaik einer schlangenköpfigen Medusa, seinem zukünftigen Logo.
Von Reggio Calabria nach Mailand
Nach einem Architekturstudium geht Gianni Versace nach Mailand. Das Licht und die Farben Süditaliens nimmt er mit und einen Anspruch, dem er immer treu bleibt: "Schöne Sachen machen!" Zunächst arbeitet er als Modedesigner für Marken wie Callaghan und Genny. "Er sprudelte vor Ideen", erinnert sich Marisa Zanetti von der Bekleidungsfirma Callaghan. "Seine Originalität lag, so glaube ich, darin, dass er gut kombinieren konnte, er mixte Stoffe und Farben."
Versaces Können spricht sich bis ins Westfälische herum, wo Albert Eickhoff auf den begabten Italiener aufmerksam wird. Der Modehändler holt die Marke Versace nach Deutschland. Die Schau im Februar 1976, die er organisiert, macht Gianni Versace schlagartig bekannt. Zwei Jahre später gründet er dann sein eigenes Unternehmen.
Innovativster Modemacher des Jahres
Versace schockiert fortan die Welt der Haute Couture, weil er neben klassischen Tuchen auch Leder, Gummi, Jeans und Metall verwendet. Er bringt die Subkultur und die Stile von der Straße in die Mode. Dabei entwickelt er sich als Designer immer weiter. "Was gestern war, ist langweilig. Mode wird für mich täglich neu erschaffen und stirbt noch am selben Tag", sagt er.
Bei ihm tragen die Mannequins die kürzesten Röcke und längsten Stiefel. Er führt der Welt vor, wie wenig Stoff nötig ist, um eine Frau – und auch einen Mann – sinnlich aussehen zu lassen. "Du kleidest die Ehefrauen ein und ich die Geliebten", soll Gianni Versace zu Giorgio Armani gesagt haben.
Gianni Versace, der seine Homosexualität nie verheimlicht, baut ein verzweigtes Mode-Imperium auf. Den anvisierten Börsengang seines Konzerns erlebt er indes nicht mehr. Am 15. Juli 1997 jagt ihm ein junger Mann, der Callboy und Serienmörder Andrew Cunanan, vor seiner Villa zwei Kugeln in den Hinterkopf. Das Motiv des Mordes ist bis heute unbekannt.
Autorin des Hörfunkbeitrags: Andrea Klasen
Redaktion: Ronald Feisel
Programmtipps:
"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 2. Dezember 2021 an Gianni Versace. Das "ZeitZeichen" gibt es auch als Podcast.
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