22. Juni 1898 – Erich Maria Remarque wird geboren

Knapp zehn Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs beschreibt Erich Maria Remarque die Grauen an der Westfront aus der Perspektive des Rekruten Paul Bäumer. Das Buch "Im Westen nichts Neues" wird erst zum Bestseller, dann von den Nazis öffentlich verbrannt.

"Darum auf in den Kampf. Für Kaiser, Gott und Vaterland!" In dem Roman "Im Westen nichts Neues" ziehen junge Männer einer Schulklasse gemeinsam in den Ersten Weltkrieg – freiwillig und jubelnd. Noch haben sie keine Ahnung, was sie an der Front erwartet. Doch die Realität der Granaten, die Arme, Beine und Bäuche von Freund und Feind zerfetzen, holt die Freunde schnell ein.

"In den Ästen hängen Tote. Ein nackter Soldat hockt in einer Stammgabelung, er hat seinen Helm noch auf dem Kopf, sonst ist er unbekleidet. Nur eine Hälfte sitzt von ihm dort oben, ein Oberkörper, dem die Beine fehlen." Erich Maria Remarque in "Im Westen nichts Neues"

Der von ihm beschriebene grausame und absurde Alltag des Krieges hat Erich Maria Remarque selbst als 18-Jähriger erlebt - wenn auch nur kurz: Nach einem Monat an der Westfront landet er verletzt in einem Kriegs-Lazarett. Die dort gehörten Schilderungen der anderen Verletzten liefern den Stoff für sein Kriegsdrama.

Geburtstag von Erich Maria Remarque (am 22.6.1898) WDR ZeitZeichen 22.06.2023 14:59 Min. Verfügbar bis 22.06.2099 WDR 5

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Namensänderung zu Remarque

Geboren wird Erich Maria Remarque am 22. Juni 1898 als Erich Paul Remark in Osnabrück. Mit Anfang 20 ändert er seinen Namen, um die hugenottische Herkunft seiner Familie zu betonen. Die Kritik an am Namenswechsel wird ihn zeitlebens begleiten. Den gelernten Lehrerberuf gibt Remarque schnell auf und arbeitet schließlich als Journalist und Autor.

Doch Erich Maria Remarque quälen die Erinnerungen an den Krieg, die in einem Roman verarbeitet. Ohne Happy End. Die Hauptfigur stirbt kurz vor Ende des Krieges an einem so ruhigen Tag, dass es im Heeresbericht heißt: "Im Westen nichts Neues." Lange findet sich kein Verlag, der das Manuskript veröffentlichen will. Den Krieg wollten die Menschen lieber vergessen, so die vorherrschende Meinung.

"Im Westen nichts Neues" wird zum Welterfolg

Schließlich greift der Berliner Ullstein-Verlag zu. "Im Westen nichts Neues" erscheint im Januar 1929 und avanciert um Bestseller, der in 45 Sprachen übersetzt wird. Trotz des großen Erfolges ist der Roman von Beginn an umstritten: Die einen loben ihn als Antikriegs-Roman, die anderen beschimpfen Remarque als "Vaterlandsverräter".

Hollywood hat sofort das richtige Gespür für "Im Westen nichts Neues". Anfang Dezember 1930 findet die Premiere der Verfilmung "All Quiet on the Western Front" in Berlin statt. Der Film passt den aufstrebenden Nationalsozialisten nicht ins Konzept. Joseph Goebbels, damals Gauleiter von Berlin, lässt die Aufführung durch weiße Mäuse stören.

"Literarischer Verrat am Soldaten"

"Gegen literarischen Verrat am Soldaten des Weltkrieges. Für Erziehung des Volkes im Geiste der Wehrhaftigkeit", so begründen die Nationalsozialisten die Verbrennung des Buches im Mai 1933. Später entziehen sie Remarque die deutsche Staatsbürgerschaft. Der Schriftsteller selbst ist über die politischen Auswirkungen seines Werkes überrascht.

Ich dachte immer, jeder Mensch sei gegen den Krieg. Bis ich herausfand, dass es welche gibt, die dafür sind. Besonders die, die nicht hingehen müssen. Erich Maria Remarque

Immerhin ermöglicht der große Erfolg von "Im Westen nichts Neues" Erich Maria Remarque einen luxuriösen Lebensstil. Er kauft 1932 eine Villa in der Schweiz, fährt schnittige Autos und hat unter anderen mit Greta Garbo und Marlene Dietrich Affären. Aber er leidet auch immer wieder unter Depressionen.

Seine Bücher thematisieren die Katastrophen der Zeit

Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs geht der nunmehr bekannte Schriftsteller in die USA und kommt erst neun Jahre später wieder zurück in die Schweiz. In seinen Büchern dokumentiert Remarque weiterhin die Katastrophen seiner Zeit. Sein Roman "Der Funke Leben" zeichnet das Leben von KZ-Insassen nach. Und "Zeit zu leben und Zeit zu sterben" thematisiert 1951 die Verbrechen der Wehrmacht in Russland.

Vier Oscars 2023 für "Im Westen nichts Neues"

In Deutschland will Erich Maria Remarque nicht mehr leben. Denn dazu hätte er einen Antrag auf Einbürgerung stellen müssen, was ihm sonderbar vorkommt: "Ich hatte ja auch keinen Antrag gestellt, um ausgebürgert zu werden", sagt er einmal. Nach seinem 65. Geburtstag macht Remarque sein Herz immer mehr zu schaffen. Er stirbt am 25. September 1970 im Alter von 72 Jahren in einem Krankenhaus in Locarno.

Auch nach seinem Tod bleiben seine Bücher aktuell. Die neueste deutsche Verfilmung von "Im Westen nichts Neues" von Edward Berger wird im März 2023 mit vier Oscars prämiert, darunter die Auszeichnung als "Bester Internationaler Film".

Autor des Hörfunkbeitrags: Jürgen Werth
Redaktion: David Rother

Programmtipps:

ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 22. Juni 2023 an Erich Maria Remarque. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.

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