Donnerstag, 30. Dezember 1762: Auf dem sächsischen Schloss Hubertusburg östlich von Leipzig kommen um zehn Uhr die Unterhändler von Preußen, Österreich und Sachsen zum ersten Mal zusammen. Sie sollen nach sieben Jahren erbitterter Schlachten einen Frieden aushandeln. Die Verhandlungen stehen im Zusammenhang mit dem Ende eines Verteilungskampfes, der globale Dimensionen hat.
Die Vorgeschichte: Im 18. Jahrhundert vermengen sich europäische Großmachtpolitik und Kolonialansprüche. In Übersee rivalisieren Frankreich und England um die Vormacht in Nordamerika und Indien. Preußen wiederum will zur europäischen Großmacht aufsteigen und Russland drängt in den Westen. Neben etlichen kleineren Schauplätzen gibt es zwei große Konflikte: den Streit zwischen Großbritannien und Frankreich um die Kolonien sowie den Streit zwischen Preußen und Österreich um Schlesien.
Kampf um die Vormacht in Nordamerika und Europa
Die ersten Gefechte in dieser Gemengelage ereignen sich im Juli 1755 im Ohio-Tal in Nordamerika. Ausgangspunkt ist der Angriff des britischen Generals Edward Braddock auf ein französisches Fort, bei dem er eine vernichtende Niederlage erfährt. Das Desaster mündet in einen offenen Krieg, den "French and Indian War". In Europa fallen die ersten Schüsse auf Menorca: Frankreich besetzt die Baleareninsel, die unter britischer Oberhoheit steht. Im Mai 1756 erklärt England Frankreich den Krieg.
Im August 1756 marschiert der preußische König Friedrich II. in Sachsen ein. Er gibt an, Sachsen nur als Durchzugsgebiet Richtung Böhmen nutzen. Er wolle die österreichische Herrscherin Maria Theresia hindern, Schlesien zurückzuerobern, das Preußen schon vor längerer Zeit eingenommen hat. Der Plan von Friedrich II. ist ein kurzer Feldzug. Zunächst scheint das zu klappen: Der sächsische Kurfürst Friedrich August II. flieht nach Warschau.
Großbritannien bleibt Weltmacht
Doch der preußische Angriff mündet in einen blutigen Krieg, an dem sich mehrere Länder beteiligen. Sieben Jahre später gibt es allein in Europa eine Million Tote, zerstörte Städte und ruinierte Staatskassen. Die Kriegsparteien sind erschöpft. Russland und Schweden steigen aus. Frankreich und England begeben sich an den Verhandlungstisch.
Im Schloss Fontainebleau treffen sich Vertreter Frankreichs und Englands, unterstützt von ihren jeweiligen Verbündeten Spanien und Portugal. Mit dem Frieden von Paris endet am 10. Februar 1763 der Siebenjährige Krieg in Übersee. Klarer Sieger ist Großbritannien. Frankreich verliert seine Territorien in Indien und Nordamerika. Kanada, das Ohio-Tal und die Mississippi-Region stehen nun unter der Herrschaft der Briten, die sich als Weltmacht behaupten.
Preußen wird europäische Großmacht
Im sächsischen Jagdschloss Hubertusburg liegen am 15. Februar 1763 ebenfalls Friedensverträge auf dem Tisch. Darin sind die ausgehandelten Grenzen mehr oder weniger die gleichen wie vor dem Krieg: Preußen behält Schlesien und zieht seine Truppen aus Sachsen ab. Die Unterhändler von Preußen, Österreich und Sachsen übergeben die Absprachen des "Friedens zu Hubertusburg" an berittene Boten.
Zuerst unterschreibt Friedrich II. von Preußen im benachbarten Dahlener Schloss, wo er einquartiert ist. Dann reiten die Boten nach Wien, wo Maria Theresia für Österreich unterzeichnet. Schließlich leistet Friedrich August im Exil in Warschau seine Unterschrift für Sachsen. Nach neun Tagen ist der Ritt zu Ende und der Frieden kann zum 1. März 1763 in Kraft treten. Damit steigt Preußen zur fünften Großmacht Europas auf.
Autorin des Hörfunkbeitrags: Claudia Friedrich
Redaktion: Matti Hesse
Programmtipps:
ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 15. Februar 2023 an der Frieden zu Hubertusburg. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.
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