Bald gehört der Holocaust nicht mehr zur Zeitgeschichte. Denn die Überlebenden werden immer älter und sterben in naher Zukunft. Allein in Israel leben derzeit nach offiziellen Angaben nur noch rund 161.000 Zeitzeugen. Übrig bleiben jedoch ihre Erinnerungsstücke, die sie hinterlassen.
"Und wenn es die Überlebenden nicht mehr gibt, dann werden diese Objekte in sich zu Zeitzeugen und erzählen ihre Geschichte", sagt Kai Diekmann, Vorstandsvorsitzender des deutschen Freundeskreises der Gedenkstätte Yad Vashem. Diese wurde 1953 auf Beschluss des israelischen Parlaments eingerichtet.
Im Westen von Jerusalem
Yad Vashem ist hebräisch und bedeutet "Denkmal und Name". Die Gedenkstätte im Westen von Jerusalem sammelt alle Namen von Opfern und erforscht die Geschichte des Holocaust wissenschaftlich wie keine andere Institution weltweit. Auf dem etwa 25 Fußballfelder großen Areal sind verschiedene Museen, Forschungszentren und Erinnerungsorte untergebracht.
Dazu gehört das Kindermuseum, wo die Namen von 1,5 Millionen ermordeten jüdischen Kindern verlesen werden. In der Halle der Erinnerung sind die Namen der 22 größten NS-Vernichtungslager in Stein gemeißelt. Im "Garten der Gerechten unter den Völkern" werden Nichtjuden wie Oskar Schindler, Hans Calmeyer und Berthold Beitz geehrt, die im Holocaust Juden das Leben gerettet haben.
Archivhaus für die Objekte der Überlebenden
Damit die Erinnerung an die Shoah wach bleibt, engagieren sich auch die etwa 300 Mitglieder des deutschen Freundeskreises. Der Verein ist am 26. Juni 1997 in Frankfurt am Main gegründet worden und hat heute seinen Sitz in Berlin. Dabei sind auch deutsche Unternehmen, die für ein neues Archivhaus in Yad Vashem gespendet haben. Darin sollen die Objekte der Überlebenden aufbewahrt werden.
Eines dieser Objekte ist der Chanukka-Leuchter, den die jüdische Familie Posner 1931 in Kiel fotografiert hat - vor dem Hintergrund des gegenüberliegenden Gebäudes, an dem eine Hakenkreuz-Fahne hing. Der Freundeskreis will den Leuchter 2022 leihweise nach Kiel zurückholen, um unter dem Hashtag "Lichzeigen" die Erinnerung an den Holocaust wach zu halten.
Der deutsche Freundeskreis kämpft zudem gegen jede Form des zeitgenössischen Antisemitismus. "Häufig tarnt sich Antisemitismus als Israelkritik", sagt der Vorstandsvorsitzende Diekmann. Eine möglicherweise unkluge Siedlungspolitik eines israelischen Premierministers könne selbstverständlich dennoch kritisiert werden.
Autor des Hörfunkbeitrags: Heiner Wember
Redaktion: Gesa Rünker
Programmtipps:
ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 26. Juni 2022 an die Gründung des deutschen Freundeskreises Yad Vashem. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.
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