"Humor ist eine Haltung. Eine Haltung, die den Ernst sabotiert", sagt Franz Hohler. "Humor ist immer eine Gegenbehauptung zur Realität." Dieser sei dort gefragt, wo der Mensch seine Ziele nicht erreiche. "Ich mag den Humor, bei dem der Schatten der Welt mitläuft." Der Schweizer, der jahrzehntelang als Cello spielender und singender Kabarettist auftritt, arbeitet auch als Schriftsteller. Unter anderem verfasst er Kurzgeschichten.
Ein Beispiel dafür ist "Der Autostopper". Darin nimmt ein sanfter, langhaariger Autofahrer einen Anhalter mit, der Hörner trägt und einen Dreizack bei sich hat. Beide wollen in die italienische Hauptstadt: "'Und was willst du in Rom?', fragte der Teufel. 'Den Papst erschrecken', sagte der Fahrer, 'der glaubt schon lange nicht mehr an mich.' 'Darf ich mitkommen?', fragte der Teufel. 'Aber gern', sagte der Fahrer, 'zusammen sind wir stärker.' Beide lachten, und Jesus gab Gas."
Erstes Soloprogramm mit 22 Jahren
Die Inspiration für solche Geschichten ist für Hohler der Alltag. "Ich versuche, mit offenen Augen und Ohren durch die Welt zu gehen." Das Erlebte sei oft eine Geschichte oder der Anfang davon. "Solche Geschichten schreibe ich gern auf, aber ich spinne sie auch gern etwas weiter."
Seinen offenen kulturellen Blick entwickelt der am 1. März 1943 im schweizerischen Biel geborenen Franz Hohler schon früh. Seine Eltern sind nicht nur ein Lehrer-Ehepaar. Der Vater ist auch Präsident der Theaterkommission und seine Mutter spielt im Stadtorchester Geige. Sein Germanistikstudium an der Universität Zürich bricht er ab und tritt 1965 mit seinem ersten Soloprogramm auf.
Nicht Everybody's Darling
Hohler überrascht sein Publikum mit skurrilen Einfällen, präzisen Alltagsbeobachtungen und Sprachspielen. Der befreundete Schweizer Schriftsteller Urs Widmer beschreibt ihn als "einen realistischen Fantasten oder einen fantasiebegabten Realisten". Das mögen nicht alle. Denn Hohler beschäftigt sich oft auch gesellschaftskritisch mit der Wirklichkeit.
Als die Literaturkommission des Kantons Zürich 1982 Hohlers Erzählband "Die Rückeroberung" für einen Preis vorschlägt, weigert sich die Regierung. "Ich hätte mich in meiner satirischen Fernsehsendung 'Denkpause' immer wieder kritisch gegen den Staat und seine Organe geäußert, sodass ich nicht erwarten könne, vom selben Staat auch noch ausgezeichnet zu werden", sagt Hohler. "Für eine Demokratie eine ziemlich überraschende Begründung."
Zwischen politischem Engagement und Fabulierlust
Kultur hat für Hohler vor allem das Ziel, Brücken zu bauen: "Kultur ist das Gegenteil von Krieg." Er baut unter anderem Brücken zwischen den Generationen. Seine Werke liest er in Kindergärten, Schulen und Altersheimen vor. Hohler tritt auch für freie Meinungsäußerung ohne Handbremse ein, wie er sagt. "Es sollte uns aber auch bewusst sein, dass sie ihre Grenzen dort hat, wo ich jemanden damit herabsetze, verletze oder bedrohe."
Charakteristisch für Hohlers Werk ist der Wechsel zwischen politischem Engagement und reiner Fabulierlust. Es umfasst Kabarettprogramme, Lieder, Theaterstücke, Romane, Filme, Gedichte und Kinderliteratur. Auch mit 80 Jahren will er künstlerisch aktiv bleiben. Die Chancen stehen gut - Franz Hohlers Vater wurde 101 Jahre alt.
Autorin des Hörfunkbeitrags: Melahat Simsek
Redaktion: David Rother
Programmtipps:
ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 1. März 2023 an Franz Hohler. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.
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