9. Juli 1732 - Erste Heiratsanzeige in einer deutschen Zeitung
Stand: 04.07.2022, 14:27 Uhr
Die erste Zeitungsannonce einer Frau auf der Suche nach dem Bund fürs Leben ist nicht von Erfolg gekrönt. Helen Morison gibt sie 1727 im "Manchester Weekly Journal" auf. Das ziemt sich nicht - die Inserentin landet in einer Anstalt.
Erfolgreicher ist ein Paar, das am 9. Juli 1732 mit der ersten Heiratsanzeige in einer deutschen Zeitung steht. Es ist keine Suche, sondern eine Feststellung: "Wir haben geheiratet. W. Schlüter, Fabrikant zu Schaumburg, Charlotte Schlüter, geborene Fachmann."
Diese Anzeige erscheint damals im Intelligenzblatt "Frankfurter Wöchentliche Frag- und Anzeigungsnachrichten".
Friedrich Wilhelm I. führt den Intelligenz-Zwang ein
Was hat die Ehe, was hat eine Heiratsanzeige mit Intelligenz zu tun? Das Wort Intelligenz hat im 18. Jahrhundert einen begrenzteren Sinn als heute. Es wird in seiner Bedeutung unmittelbar abgeleitet vom Lateinischen "intellegere" – Einsehen, Einsicht nehmen.
Friedrich Wilhelm I., König von Preußen
Friedrich Wilhelm I., führt im Jahre 1727 in Preußen den Intelligenz-Zwang ein. In Berlin, aber auch in anderen Städten seines Landes müssen sogenannte Intelligenzblätter gedruckt werden. Jeweils eben mit dem Titel: "Wöchentliche Frag- und Anzeigungsnachrichten."
Dating geht heute online
In diesen Blättern erscheinen Anzeigen über alle denkbaren beruflichen und privaten Angelegenheiten. Geburten, Firmengründungen, Konfirmationen, Taufen, Todesfälle… und dann eben - zum ersten Mal am 9. Juli 1732 - Heiratsanzeigen.
Bevor der passende Partner gefunden ist, muss man aber oft erst mal suchen. Heute sucht und findet man sich online. Mit einer kleinen Finger-Bewegung. Ein sanftes Streichen über das Display, über das Foto des Mannes oder der Frau. Wenn beide User ihre jeweiligen Fotos nach rechts wischen oder swipen, dann ist es ein Match.
In die Anstalt statt in den Hafen der Ehe
Mitte des 18. Jahrhunderts ist es mit der Kontaktaufnahme aber nicht so einfach. Für eine Frau schon gar nicht. Helen Morison gibt 1727 die allererste bekannte Kontaktanzeige einer Frau auf.
Sie landet damit nicht im Hafen der Ehe, sondern für vier Wochen in einer Anstalt. Aufgebrachte Bürger verlangen es damals. Eine Frau, die offen um einen Mann wirbt, muss irre sein.
Männer haben es leichter
Und die Männer? 32 Jahre vor der Jungfer Morison gibt ein Mann am 19. Juli 1695 ein Inserat in der englischen Wochenzeitschrift "Sammlung für den Fortschritt in Handel, Haus- und Landwirtschaft" eine Kontaktanzeige auf.
Die allererste Kontaktanzeige überhaupt. "Ein Herr um die 30 Jahre alt, von sehr gutem Stand, würde sich gern mit einer Dame verbinden, die ein Vermögen von ungefähr 3.000 Pfund besitzt."
Ein riesiger Markt öffnet sich
Ganz gleich, wie ernst gemeint und seriös die Anzeigen auch sein mögen, in den Anfängen stößt diese Art der Kontaktsuche auf gerümpfte Nasen. Aber der Markt ist einfach zu groß.
Die Anzeigenblätter sind bald voll mit unfassbar gutaussehenden, humorvollen und vermögenden Frauen und Männern. Mit Nichtrauchern, Rauchern, schmusigen Typen, Hengsten, Brummbärchen, Knuddelmäusen und Löwinnen.
Zeitreise durch die Inserate
Ein Blättern durch die Inserate der vergangenen Jahrzehnte ist zugleich eine Geistershow, eine Zeitgeistershow. Ein Staunen über die vergilbten Rollenbilder, ein Erinnern an alte gesellschaftliche Normen und Vorstellungen. Eine Zeitreise von "Ritter sucht Burgfräulein…" bis "Frau sucht Frau, die Frau sucht."
Autor des Hörfunkbeitrags: Wolfgang Meyer
Redaktion: Matti Hesse
Programmtipps:
ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 9. Juli 2022 an die erste Hochzeitsanzeige in einer deutschen Zeitung. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.
ZeitZeichen am 10.07.2022: Vor 75 Jahren: Geheimbericht über Massensterben in "Speziallagern" auf DDR-Gebiet.