Es ist ein historischer Moment, als Enrico Caruso im April 1902 im Mailänder Grand Hotel das Zimmer des Toningenieurs Fred Gaisberg betritt. Klavier, Aufnahmehorn und Wachsplatte stehen bereit. Mit der Matrize Nr. 1782 wird der Popstar Caruso geboren, zusammen mit der Grammophonindustrie.
Caruso wird schlagartig berühmt. Zwischen 1902 und 1920 nimmt er 500 Platten auf, vor allem Opernarien und Canzonen. Sie verschaffen ihm einen sagenhaften Reichtum.
Tod an den Folgen einer Grippe
Mit knapp 48 erkrankt Caruso an Grippe, es folgt ein eitriger Abszess im Brustraum. Operationen und Injektionen, Opium, Kampfer, Drainagen – nichts hilft mehr. Sein letzter Auftritt ist Heiligabend 1920 in New York in Jacques Halévys Oper "Die Jüdin".
Im Mai 1921 reist der Sänger mit Ehefrau Dorothy Benjamin und Töchterchen Gloria aus den USA zu einer Konzertreise nach Italien. Dann der Rückfall: In seiner Geburtsstadt Neapel erliegt er heute vor 100 Jahren im Hotel "Vesuvio" seiner schweren Krankheit, wenige Schritte von einem Lokal entfernt, in dem er als Jüngling mit neapolitanischen Canzonen sein Brot verdient hatte.
Der Durchbruch mit Puccini
Enrico Caruso beginnt mit zehn Jahren das Singen. Er erzählt später: "Ich war die Wonne der ganzen Kirchengemeinde. Mit 19 entschloss ich mich, bei einem Maestro Unterricht zu nehmen. Den verließ ich nach einigen Lektionen, denn er schien die Frage, ob ich nun ein Tenor oder Bariton war, nicht lösen zu können."
In seiner ersten Spielzeit 1895/96 singt Caruso ein Dutzend Hauptrollen in Italien. Die Begegnung mit Giacomo Puccini bringt den Durchbruch, der Komponist ist hellauf begeistert und vertraut ihm seine Tenorrollen an.
Dem Ruhm folgen die Ängste
Caruso eignet sich ein breites Repertoire an und feiert triumphale Gastspiele in der Alten und Neuen Welt. Die Metropolitan Opera wird zu Carusos künstlerischer Heimat. Aber mit dem Ruhm kommen auch die Ängste. "Als ich unbekannt war, sang ich wie eine Nachtigall für mich hin.
Jetzt aber bin ich bedrückt vom Albtraum einer Reputation, die nicht wachsen, sondern beim geringsten stimmlichen Manko kompromittiert werden kann. Meine Nerven liegen blank. Ich fühle mich oft einer Ohnmacht nahe, und am Ende bin ich immer erschöpft. Deshalb bin ich oft der unglücklichste Mensch.“
"Der größte Tenor aller Zeiten"
Im Jahr 1918 trifft Enrico Caruso die Amerikanerin Dorothy Benjamin, die letzte große Liebe seines Lebens. Selbst ihr sagt er: "Meine Kunst wird immer allem anderen vorangehen. Auch dir!"
100 Jahre nach seinem Tod ist Enrico Caruso für Tenöre ein Synonym für Sänger schlechthin. Placido Domingo sagt über ihn, "So wie er wollte ich immer singen! Und er hat mich zum Singen gebracht. Er ist der größte Tenor aller Zeiten."
Autorin des Hörfunkbeitrags: Hildburg Heider
Redaktion: Hildegard Schulte
Programmtipps:
"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 02. August 2021 an Enrico Caruso. Das "ZeitZeichen" gibt es auch als Podcast.
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