Die Entdeckung des DNA-Profils ist - wie vieles in der Wissenschaft - ein großer Zufall. "Der DNA-Fingerabdruck wurde von meinem Großvater entdeckt, als er im Labor rumwurschtelte", fasst es der Neffe des Genetikers Alec Jeffreys in einem Schulprojekt zusammen. "Besser kann man es eigentlich nicht beschreiben. Das ist genau das, was wir gemacht haben", bestätigt der Erfinder selber.
In den 1980er Jahren steckt die Genetik zwar nicht mehr in den Kinderschuhen, aber von den heutigen Möglichkeiten ist sie doch noch meilenweit entfernt. Die Forschung tastet sich damals gerade erst heran an einzelne Bereiche der DNA und versucht, ihre Bedeutung zu erfassen.
Durch Zufall stößt Jeffreys 1984 auf signifikante Wiederholungsmuster im Buchstabencode. Bei Untersuchungen der DNA einer Technikerin seiner Abteilung stellt er fest, dass ihr DNA-Profil eine Kombination aus den Abdrücken ihrer Eltern ist. Und er findet heraus, dass man dieselben genetischen Merkmale aus allen Geweben und Körperflüssigkeiten herauslesen kann, zum Beispiel in Blut, Spucke und Sperma.
DNA-Analyse schließt Verdächtigen aus
Es dauert nicht lange, bis Jeffreys Entdeckung zum Einsatz kommt. Im November 1983 und Juli 1986 werden in der britischen Grafschaft Leicestershire zwei Mädchen ermordet. Verdächtigt wird der 17-jährige Richard Buckland. Auf der Kleidung der beiden Opfer finden die Ermittler Spuren von Sperma. Schon 1986 kann Jeffrey anhand seiner Methode zwei Dinge beweisen: Ein Täter hat beide Taten begangen. Und: Der Verdächtige Buckland war es nicht. Buckland wird so zum ersten Menschen der Kriminalgeschichte, dessen Unschuld durch ein DNA-Profil erwiesen wird.
Erste Verurteilung in den USA
Das neue Verfahren findet bei der englischen Polizei rasend schnell Anwendung, die erste Verurteilung aufgrund eines DNA-Profils erfolgt aber in den USA. Dort steht im November 1987 Tommy Lee Andrews in Orlando vor Gericht, in einem besonders schweren Fall von Raub und Vergewaltigung. Das Opfer hat ihn identifiziert, er aber leugnet. Blut und Spermaspuren vom Tatort sind allerdings eindeutig Andrews zuzuordnen - anhand seines DNA-Profils.
Andrews wird mit Hilfe der DNA-Analyse überführt und schuldig gesprochen - vorerst. Denn die Zuverlässigkeit und Zulässigkeit der neuen Technik wird angezweifelt. Ein anderes Gericht erkennt den Beweis nicht an, ein drittes lässt ihn wieder zu. Schließlich wird Andrews zu 22 Jahren Haft verurteilt.
Heute auch erweiterte Analysen möglich
Seit Alec Jeffreys in den 1980er Jahren das Prinzip des DNA-Profils entdeckte, hat sich in der Genetik einiges getan. Durch die Analyse weiterer Bereiche des Erbguts lässt sich heute auch etwas über äußere Merkmale eines unbekannten Spurenlegers sagen.
Ende 2019 wird in Deutschland die sogenannte "erweiterte DNA-Analyse" erlaubt. Hierbei kann auch das ungefähre Alter des unbekannten Spurenlegers ermittelt werden. Nicht erlaubt ist in Deutschland allerdings die Ermittlung der "biogeografischen Herkunft".
Autorin des Hörfunkbeitrags: Daniela Wakonigg
Redaktion: Gesa Rünker
Programmtipps:
ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 06. November 2022 an die erste Verurteilung aufgrund des DNA-Profils.
ZeitZeichen am 07.11.2022: Geburtstag von Marie Curie