Die Orgel gilt als Königin der Instrumente. Der Ausdruck stammt von Michael Praetorius, der in der Übergangszeit von der Renaissance zum Barock als Komponist und Organist arbeitet. Er spricht damals in der männlichen Form vom König der Instrumente. Diese Formulierung greift Wolfgang Amadeus Mozart 1777 in einem Brief an seinen Vater auf: "Die Orgl ist doch in meinen Augen und Ohren der König aller Instrumenten."
Eine Orgel vereint in sich ein so vielfältiges Klangspektrum wie ein ganzes Orchester. Je mehr Register, desto mehr Klangfarben hat eine Orgel. Diese Register zu bedienen, ist eine körperliche Herausforderung. Organisten spielen mit beiden Händen und Füßen, wenn es richtig zur Sache geht.
Jede Orgel klingt anders
In Deutschland gibt es rund 50.000 Orgeln. Einige stammen aus der Renaissance und dem Barock. Andere sind Hightech-Modelle, die heute angefertigt werden. Und jedes Instrument klingt anders. Nicht nur, weil jeder Raum anders ist. Das hängt auch mit den regionalen Orgelbautraditionen und den dort gesprochenen Dialekten zusammen.
"Die Sprache ist das Vorbild für den Klang", sagt der Organist und Musikwissenschaftler Michael Kaufmann. Je nachdem wie zum Beispiel für ein A in den unterschiedlichen Regionen der jeweilige Sprachklang gewesen sei, sei es auch so im Ohr wahrgenommen worden. "Diese Wahrnehmung führte dazu, dass man Klänge auch so in den Registerbauformen erzeugt hat."
Rund 400 Orgelbaubetriebe
In Friesland und in Ostdeutschland gibt es besonders viele wertvolle historische Instrumente. Das liegt daran, dass Gottfried Silbermann, bedeutendster Orgelbauer Mitteldeutschlands und Zeitgenosse Johann Sebastian Bachs, dort aktiv gewesen ist. Was Silbermann für Sachsen, Thüringen und Brandenburg ist, ist Arp Schnitger für Norddeutschland. Der Vollender der Barockorgel hat seinen Sitz in Hamburg und mehrere Filialen zwischen Groningen und Berlin gehabt.
Das Restaurieren von historischen Orgeln erfordert Spezialwissen. Rund 400 Orgelbaubetriebe mit etwa 2.800 Mitarbeitenden gibt es in der Bundesrepublik. Weltbekannt ist zum Beispiel die Orgelbaufirma Klais aus Bonn. Sie hat die Querhausorgel am Kölner Dom gebaut, das Instrument im Nationaltheater in Peking und auch die Orgel in der Hamburger Elbphilharmonie.
Jahrzehntelange Vorarbeit
Solche und andere Details hat der Organist und Musik-Professor Kaufmann über viele Jahrzehnte mithilfe anderer zusammengetragen. Im Auftrag der Bundesregierung stellt er im März 2016 den Antrag auf die Aufnahme in die "Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit" bei der UNESCO.
Am 7. Dezember 2017 ist es soweit: Der zuständige Ausschuss der UNESCO stimmt bei seiner Sitzung auf der südkoreanischen Insel Jeju dem Antrag zu. Damit gehört die deutsche Tradition des Orgelbaus und der Orgelmusik zum Weltkulturerbe und ist als erhaltenswert eingestuft.
Autorin des Hörfunkbeitrags: Claudia Belemann
Redaktion: Gesa Rünker
Programmtipps:
ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 7. Dezember 2022 an Aufnahme des Deutschen Orgelbaus ins. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.
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