Wegen der katastrophalen Versorgungslage in Ostpreußen fuhren die sechs Kinder in einem Güterzug nach Litauen, um dort Unterkunft und Arbeit zu finden. Sie zogen durch die Wälder, bettelten bei Bauern, schliefen in Straßengräben und ernährten sich von Feldfrüchten. Mehrere tausend deutsche Waisenkinder vagabundierten in den Nachkriegsjahren als sogenannte "Wolfskinder" durch ostpreußische und litauische Wälder.
Die Geschwister verloren sich aus den Augen, Sieglinde kam bei einer russischen Familie unter, sie musste im Haushalt helfen, lernte Russisch, wurde sowjetische Staatsbürgerin und konnte schließlich 1956 in die DDR ausreisen, wo sie – wie 150 andere "Wolfskinder" – in Brandenburg in das Waisenheim Kyritz kam und dort ihre Geschwister wiedersah. Mühsam musste sie erst wieder Deutsch lernen. Im Heim lernte sie ihren späteren Mann kennen, auch er ein "Wolfskind". Sieglinde Kenzler absolvierte ein Fernstudium und arbeitete bis zur Wende als Horterzieherin und Russischlehrerin.
Redaktion:
Mark vom Hofe