Autorin im Gespräch
Judith Kuckhart über "Die Welt zwischen den Nachrichten"
Stand: 20.09.2024, 13:54 Uhr
Die Autorin Judith Kuckart ist für ihre Romane wie "Kaiserstraße", "Kein Sturm, nur Wetter" oder zuletzt "Café der Unsichtbaren" bekannt. Nun legt sie zum ersten Mal einen autofiktionalen Text vor, der eigene Erinnerungen verarbeitet.
Die Ich-Erzählerin Judith wird an einem 17. Juni in einer westfälischen Kleinstadt geboren. Es ist der Tag der Deutschen Einheit, politische Ereignisse sind auch im weiteren Leben präsent. Vor dem Standesamt, wo ihr Vater den Namen des Babys eintragen lässt, fragt ihn ein Mann, ob er seiner Tochter wirklich einen jüdischen Namen geben wolle, weil man ja nie wisse, in welche Situation man noch komme...
Es bleibt bei der Kleinstfamilie zu dritt, bis der Vater die Familie verlässt. Nach dem Attentat auf Rudi Dutschke benennt die Erzählerin ihren Wellensittich in Rudi um. Sie nimmt Ballettunterricht. Die 13 Jahre ältere Ina, die manchmal auf Judith aufpasst, schließt sich später der RAF an. Eine Cousine stirbt, Judith wird vergewaltigt. Später treten Männer auf und ab, Freundinnen auch. Die Verlegerin Monika Schoeller legt Judith einen Romanvertrag vor.
Zwischen die Erinnerungen sind Kapitel in der Erzählgegenwart geschaltet, in der Judith sich mit einer alten Nachbarin aus S., Eva K., in einer Berliner Theaterkantine über das Schreiben und das Leben austauscht. Judith Kuckart legt einen zwischen den Erinnerungs-Splittern flirrenden Roman vor, der die Frage umkreist, "was wir aus dem machen, was man aus uns gemacht hat".
Sie schreibt in zarten, poetischen Bildern, dabei immer diskret und immer wieder in Sätzen, die haften bleiben. Zu schreiben habe sie angefangen, schreibt die Ich-Erzählerin Judith, "weil ich neugierig bin, Geld verdienen muss und weil ich sterben muss...".
Eine Rezension von Dina Netz
Literaturangaben:
Judith Kuckart: Die Welt zwischen den Nachrichten
DuMont Buchverlag, 2024
192 Seiten, 24 Euro