Global Pop News 24.10.2024
Polyton Preisverleihung in Berlin
Stand: 23.10.2024, 16:39 Uhr
Preise u.a. an $oho Bani, Herbert Grönemeyer, Paula Hartmann | Saman Yasin ist vorläufig frei | Verhaltenskodex in der britischen Musikindustrie | Fehlprozess im RICO Fall gegen Young Thug beantragt.
Von Bamdad Esmaili & Joyce Lee
Polyton Preisverleihung in Berlin
Der neue Deutsche Musikpreis, der Polyton, wurde am Abend in Berlin verliehen. Gewonnen hat unter anderem Herbert Grönemeyer zusammen mit dem Rapper $oho Bani. Der Polyton-Preis ist noch ziemlich jung und wurde erst zum zweiten Mal verliehen, in acht Kategorien. Der Polyton will anders sein, versteht sich selbst als Preis von Menschen aus der Musikbranche an Menschen aus der Musikbranche. Aktuell sind in der Jury 50 Musikszenekenner.
Und in der Kategorie "Text" hat eben "Zeit, dass sich was dreht" von $oho Bani und Herbert Grönemeyer gewonnen. Bei $oho Banis Version des Songs "Zeit, dass sich was dreht" liegt der Fokus beim Text. "Und ich weiß, ja, es wird nicht einfach / Doch wenn du’s nicht machst, ja, dann macht es keiner." Da wird zum gesellschaftlichen Aufruf befördert, sich gegen Rechts zu engagieren.
Bei der Begründung heißt es: "Die generationenübergreifende Kollaboration erreicht ein breites Publikum im richtigen Moment." Das Lied zur Fußball-WM von Herbert Grönemeyer ist aus dem Jahr 2006, aber bei der Neuinszenierung mit dem Rapper $oho Bani sah die Jury etwas Besonderes. Außerdem hat Sängerin Paula Hartmann in der Kategorie "Produktion" einen Polyton bekommen oder Fatoumata Camara in der Kategorie "Bühne". Für den Song "Bauch Beine Po" von Rapperin Shirin David hat sie die Choreografie gemacht. Für die Jury ist sie eine der wichtigsten Choreograf:innen der Rap-Welt. In der Begründung heißt es außerdem: „Dank ihr sitzt auch dann alles, wenn an Sitzen längst nicht mehr zu denken ist.“
Saman Yasin ist vorläufig frei
Rund zwei Jahre saß der iranisch-kurdische Rapper Saman Yasin in Haft. Jetzt wurde er überraschend freigelassen – aber nur vorübergehend. Saman Yasin wurde im Zuge der "Frau Leben Freiheit" Proteste im Iran verhaftet. Bei Instagram hat er ein emotionales Video gepostet. Darauf sieht man den Moment, als er frisch aus der Haft entlassen wurde. Er umarmt seine weinende Mutter. Sie geht zu Boden, will eine Verneigung wie beim muslimischen Gebet machen. Er hebt sie hoch und küsst ihre Hand. Später sieht man ein Foto, offenbar zuhause: Er steht neben seiner Mutter und vielen Blumensträußen und guckt mit einem erleichterten Blick in die Kamera. Saman Yasin ist zwar frei, aber nur vorübergehend. Die Behörden sprechen von einem Hafturlaub. Aber es ist bei diesem Regime so willkürlich. Theoretisch könnte er jederzeit wieder ins Gefängnis zurückgebracht werden.
Saman Yasin wurde ursprünglich sogar zum Tode verurteilt. Die iranische Justiz wirft dem Rapper die versuchte Tötung von Sicherheitskräften während der Proteste im Jahr 2022 vor. Gegen das Todesurteil ist der 26-jährige Rapper in Berufung gegangen. Dem gab das Gericht statt und hat das Urteil aufgehoben. Seitdem wartet Saman Yasin im Gefängnis "Ghezel Hesar" in der Stadt Karaj auf den Prozess. Der soll tatsächlich neu aufgerollt werden. Der Musiker hat immer auf die schlechten Haftbedingungen aufmerksam gemacht. Er wurde brutal dort gefoltert. Aus Verzweiflung hat er Ende Februar in einem offenen Brief an den iranischen Justizchef um seine Hinrichtung gebeten und geschrieben:
Sein Anwalt hat bei X geschrieben, dass er gegen eine Kaution von umgerechnet knapp 60.000 Euro vorläufig zur medizinischen Behandlung freigekommen ist.
Verhaltenskodex in der britischen Musikindustrie
Die britische Rapperin Little Simz hat schon vor Jahren mehr Aktivität gegen Rassismus in der Musikindustrie gefordert. Jetzt scheint man in Großbritannien damit ein Stück weiter zu sein. Jetzt gibt es dort einen Anti-Rassismus-Verhaltenskodex, eingeführt von der britischen Organisation "Black Lives In Music", kurz BLiM. Die wurde vor vier Jahren gegründet, um sich für die Chancengleichheit für Schwarze, Asiaten und andere Ethnien in der Musikbranche einzusetzen. Dieser Anti-Rassismus-Verhaltenskodex spielt eine Vorreiterrolle in der gesamten Musikbranche.
Das Projekt zielt darauf ab, Rassismus in der britischen Musikindustrie abzubauen. Durch bestimmte Pflichten und Verhaltensweisen der Organisationen. Dieser Kodex verspricht, den Weg für ein gerechteres und inklusiveres Umfeld zu ebnen. Und er beschreibt auch eine Reihe von konkreten Maßnahmen, wie das geschehen soll. Zum Beispiel durch "Ermutigung aller Personen, alle Fälle von Rassismus, Mobbing, Belästigung oder Diskriminierung, die nicht innerhalb des Unternehmens gelöst werden können, direkt an BLiM zu melden.“ Oder verpflichtendes Antirassismus-Training für Unternehmen. Außerdem werden sie "konsequent darauf hinwirken, dass die Löhne fair und gleich sind, unabhängig von der ethnischen Zugehörigkeit." Das ist eine wichtige und notwendige Initiative. Die Idee dazu wurde nach einer Umfrage von vor drei Jahren geboren. Das war damals die größte Umfrage, die sich jemals auf die Erfahrungen schwarzer Musiker und Fachleute in der britischen Musikbranche konzentriert hatte.
Nach dieser Umfrage wurde festgestellt, dass es in der Musikindustrie eine erhebliche Rassendiskriminierung gibt. Statistiken zeigen, dass über 85 Prozent der schwarzen Musikschaffenden und -profis der Meinung sind, dass es Hindernisse für den beruflichen Aufstieg gibt, dass über 70 Prozent der schwarzen Musikprofis direkten oder indirekten Rassismus erlebt haben und dass 31 Prozent der schwarzen Musikschaffenden glauben, dass ihr psychisches Wohlbefinden seit Beginn ihrer Musikkarriere gelitten hat. Die Ergebnisse verschärften sich noch, wenn man sie auf schwarze Frauen eingrenzte.
Fehlprozess im RICO-Fall gegen Young Thug beantragt
In Atlanta könnte der RICO-Prozess gegen den Rapper Young Thug bald enden. Seit 2023 steht er wegen mutmaßlicher Bandenkriminalität vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, Anführer der Gruppe Young Slime Life (YSL) zu sein, die in Gewaltverbrechen und Drogenhandel verwickelt ist. Nun haben die Verteidiger einen Fehlprozess beantragt. Das ist in den USA möglich. Grund dafür ist ein Fehler der Staatsanwaltschaft: Der Zeuge Slimelife Shawty erwähnte fälschlicherweise, dass ein Mitangeklagter, Quamarvious Nichols, inhaftiert sei – eine Information, die die Jury nicht hätte erfahren dürfen. Die Jury soll möglichst unvoreingenommen über den Fall entscheiden können. Eine Entscheidung des Gerichts steht noch aus. Die Richterin muss jetzt entscheiden, wie es weitergeht. Sie meinte, sie würde wahrscheinlich keinen Fehlprozess einleiten, aber wahrscheinlich einen Verfahrensabbruch. Dann würde der Fall zwar auch beendet werden, aber Young Thug könnte erneut angeklagt werden.