Mein Vater war Dirigent und meine Mutter Sängerin. Von meinem achten bis zum 21. Lebensjahr habe ich in England in einem Domchor gesungen, das bedeutete sieben Mal in der Woche im Gottesdienst. Meine Schule war schrecklich, aber die Musik war wunderbar! Und später als Student war ich Mitglied im Chor des King’s College in Cambridge, einem der angesehensten und bekanntesten Vertreter der reichen britischen Chortradition.
Der 1958 in Großbritannien geborene Chordirigent war von 2001 bis 2015 Chefdirigent des Berliner Rundfunkchores, auf diese Zeit geht die erste enge Zusammenarbeit zwischen Simon Hasley und Nicolas Fink zurück. Halsey behält seine weiteren Positionen beim London Symphony, Palau de la Musica Barcelona, City of Birmingham Symphony, Rundfunkchor Berlin, Berlin Philharmonic und BBC Proms Youth Choir bei.
Mögen Sie lieber Alte Musik oder Neue Musik?
Das kann ich so nicht sagen. Im Chor des King’s College haben wir Alte Musik und Neue Musik gesungen. Viele Komponist*innen, die für uns Stücke geschrieben haben, durfte ich kennenlernen. Bis heute finde ich es sehr wichtig, dass wir uns auch mit Neuer Musik beschäftigen. Im Englischen sagt man: We not only make music by dead white men. Denn in der Zukunft liegen die neuen Ideen! Davon lebt die Musik.
Regelmäßig leiten Sie auch Mitsingkonzerte, die oft über 1.000 Mitsänger*innen begeistern. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?
Chormusik wurde traditionell vor allem in den Kirchen aufgeführt. In den 1980er-Jahren gingen immer weniger Menschen in die Kirche, und wir stellten fest, dass immer weniger Menschen in Chören sangen und die Chorsänger* innen immer älter wurden. Wir mussten etwas unternehmen. Daher habe ich beim City of Birmingham Symphony Orchestra erstmals einen Kinderund Jugendchor gegründet. Dieses Modell verbreitete sich rasant in der englischsprachigen Welt. Plötzlich erkannten alle Orchester, dass Kinder und Jugendliche ein wichtiger Bestandteil unserer Musikkultur sind. Aus dieser Idee entwickelten sich schließlich Mitsingkonzerte, die sich Menschen aller Altersgruppen öffneten. Zunächst in Birmingham, dann in London und später auch in Sydney und Berlin initiierte ich viele Mitsingkonzerte mit den dortigen Orchestern und Profichören. Seit fast 40 Jahren arbeite ich mittlerweile als Chorleiter.
Was bedeutet ein Mitsingkonzert für Sie als Dirigent?
Und was für die Mitsänger*innen? In den Projekten, die ich heute mache, versuche ich über tausend Menschen einzubeziehen. Musikalische Laien, Hobbysänger*innen, Musikliebhaber*innen. Und am Ende stelle ich jedes Mal fest, dass ich alle in ihren Herzen berührt habe. Das Geheimnis ist, dass die Sänger*innen selbst musizieren und sie dadurch einen tiefen Zugang zur Musik erhalten. Verstehen Sie mich nicht falsch, es gibt tolle Konzerte zum Zuhören. Aber selber in einer Probe ein Stück zu erarbeiten, den/ die Dirigent*in kennenzulernen und mit einem Profichor gemeinsam auf der Bühne zu stehen – das alles ist unersetzbar. In unserer heutigen Zeit brauchen wir diesen Einklang, den Kontakt miteinander, denselben Herzschlag!