Godehard Franzen ist empört. Mit einigen Mitstreitern steht er an einer kleinen Kreuzung im Osten von Bielefeld. Bald wird hier ein riesiges Straßenkreuz gebaut mit bis zu acht Spuren an jeder der vier Seiten. Es soll der seit Jahrzehnten geplante Anschluss der "Ostwestfalenstraße" an eine Ausfallstraße Richtung Nachbarstadt Herford sein.
"Es wird so getan, als gäbe es keine Klima- und Artenkrise"
"Das Kreuzungsbauwerk ist so groß dimensioniert, als müsste es 60.000 bis 70.000 Fahrzeuge pro Tag bewältigen", kritisiert Franzen, der Jahrzehnte im Bielefelder Rat saß und nun die Initiative "Verkehrswende OWL" vertritt. "Das passt nicht mehr in die Zeit." Er fordert ein Planänderungsverfahren.
Die Straße ist seit Jahrzehnten geplant. Generell zu verhindern ist sie nicht mehr. Darum wurde auch schon gerodet. Warum aber muss das in Zeiten der Klima- und Artenkrise so gigantisch sein, fragt Margit Mölder-Ruiz von "Parents for Future".
Straßen.NRW: Verringerung ist nicht möglich
Doch kleiner werden könne hier nichts, sagt Manuela Rose von der Straßenbaubehörde Straßen.NRW. Man erwarte viel mehr Verkehr als heute: "Wir haben im Laufe des Baurechtsverfahrens den Knotenpunkt schon deutlich reduziert." Die geplante Kreuzung stelle "schon das absolute Minimum dessen dar, was wir für eine leistungsfähige Kreuzung da brauchen." Anfangs wollte man sogar zehn Spuren an jeder Seite bauen.
Während der Bauarbeiten an der Straße etwas zu verändern, gehe nicht, so Rose. Man habe "viel Zeit in diese Planungen investiert, alle rechtlichen Schritte absolviert, wir haben alle Beteiligungen durchgeführt". Es habe ein langes Planungs- und Klageverfahren gegeben durch viele Instanzen. Außerdem gebe es "umfangreiche Artenschutzmaßnahmen", etwa Fledermauskästen, Ersatznistkästen für Turmfalken und Ausgleichsflächen mit rund 2.000 kleine Baumsetzlingen.
Neue Straße bringt wiederum mehr Verkehr für andere Straßen
Doch das neue Straßenkreuz schafft noch ein weiteres Problem. Es zieht mehr Verkehr auf eine der Hauptverkehrsachsen nach Bielefeld, der zweispurigen Herforder Straße. Schon jetzt fahren hier täglich 20.000 Fahrzeuge, bis zu 30.000 könnten es werden.
Die Stadt muss diese Straße verbreitern, vier Spuren und ein Radschnellweg sollen kommen. Wie das alles hier hinpasst, weiß auch Verkehrs- und Umweltdezernent Martin Adamski noch nicht. Denn an beiden Seiten stehen Häuser.
Umweltschützer kritisieren auch "überdimensionierte Kreisel mit Schotter"
Die Umweltschützer bezweifeln, das es den Verwaltungen und Planern wirklich um mehr Nachhaltigkeit geht. Dabei verweisen sie auf den Stadtteil Bielefeld-Brake. Dort sind in den vergangenen Jahren an einer Straße zwei große Kreisel mit rund 25 Meter Durchmesser entstanden.
"Völlig überdimensioniert", moniert Margit Mölder-Ruiz von "Parents for Future": "Außerdem ist der Kreisel mit Kies gefüllt, völlig unökologisch. Und absurd finde ich, dass die Stadt selber Schottergärten verbietet, aber hier ein Kiesbett auf die Fläche legt." Auch diese Kreisel wurden vor vielen Jahren geplant. Eine einfache Kreuzung hätte aber viel weniger Fläche verbraucht, kritisieren die Aktivisten.
Unsere Quellen:
- Verkehrswende OWL
- Parents for Future
- VCD OWL
- Landesbetrieb Straßen.NRW
- Stadt Bielefeld