Es ist der 9. Novermber 1938: Auch in Dülmen im Kreis Coesfeld brennt eine Synagoge, Nationalsozialisten verschleppen jüdische Bürger. Es ist die Pogromnacht; diese Nacht war das offizielle Signal zum größten Völkermord in der früheren Geschichte.
"Drangsaliert, misshandelt, geschlagen, verschleppt und ins Gefängnis gesteckt, das gab es auch hier", erzählt Christiane Altenbockum, Lehrerin an der Hermann-Leeser-Schule.
Stolpersteine putzen gegen das Vergessen
Die Lehrerin ist mit der Klasse 8a unterwegs und hat sich das Haus in der Borkenerstraße 8 vorgenommen. Dort weisen sieben in den Gehweg eingelassene Stolpersteine daraufhin, dass hier Angehörige der jüdischen Familien Salomon und Frankenberg wohnten. Bis die Nazis sie abholten.
Mit Sprühflaschen, Papiertüchern und verschiedenen Putzmitteln schrubben die Schüler, bis die mit Messing überzogenen Stolpersteine wieder glänzen und die Namen gut lesbar sind.
Jugendliche zeigen Betroffenheit
Das Besondere: Nicht nur die älteren, geschichtsinteressierten Schüler machen mit, auch viele jüngere beteiligen sich an der Putz-Aktion. Nelly aus der 8. Klasse ist mit Feuereifer dabei.
So fasst die 13-Jährige ihre Gefühle zusammen. Und schrubbt weiter.
46 Stolpersteine gibt es in Dülmen
In der Pogromnacht brannte in Dülmen die damalige Synagoge, Juden wurden verhaftet. Unter ihnen: Hermann Leeser, jüdischer Fabrikant am Ort. Seine niederländische Frau und die beiden Töchter durften Deutschland Richtung Holland verlassen. Der Vater aber, Hermann Leeser, nahm sich in der Haft das Leben.
Die Gräueltaten der Nazis nicht vergessen und die Erinnerungskultur hochhalten: Das hat sich die nach Hermann Leeser benannte Realschule seit Jahren auf die Fahne geschrieben. Seit Tagen säubern die Schüler die in der Stadt verteilten Stolpersteine. 46 gibt es, überall sind sie zu sehen. Fast jeder Stolperstein steht für Erniedrigung, Deportation ins Konzentrationslager, Tod.
Rosen für die Opfer
Erstrahlen die Stolpersteine wieder in altem Glanz, legen die Schüler anschließend weiße Rosen nieder und gedenken der Opfer. "Für jeden Stein eine Blume", sagt Christiane Altenbockum. Dann lesen die Schüler und Schülerinnen laut vor, was über die Schicksale der ehemaligen jüdischen Bewohner bekannt ist – bevor sie zu den nächsten Häusern und den nächsten Stolpersteinen weiterziehen.
Unsere Quellen:
- WDR-Reporter vor Ort
- Interviews mit Schülern und Lehrern