Nach dem heftigen Unwetter im Raum Münster wird allmählich das Ausmaß der Zerstörung deutlich. Nachdem in der Nacht auf Dienstag (29.07.2014) bereits der Tod eines Mannes in einem überfluteten Keller bekannt wurde, ist mittlerweile ein zweites Todesopfer zu beklagen. In einer Böschung in der Nähe der Autobahn 1 entdeckten Mitarbeiter der Autobahnmeisterei am Morgen ein Auto, in dem ein toter Mann lag. Die Polizei geht davon aus, dass das Auto von einer völlig überschwemmten Straße abgekommen und in den stark angeschwollenen Bach gestürzt war.
Bei dem ersten Todesopfer handelt es sich nach Polizeiangaben um einen 76 Jahre alten Mann. Er hatte vergeblich versucht, seinen Keller vom hereinbrechenden Wasser zu schützen. Innerhalb kürzester Zeit sei der Raum bis an die Decke überflutet gewesen und der Mann ertrunken, sagte ein Sprecher. In der Innenstadt stürzte ein Baum auf ein Auto, in dem eine Frau saß. Sie wurde lebensgefährlich verletzt und sofort operiert. Laut Polizeisprecher war die Frau am Abend außer Lebensgefahr.
Stromausfälle und Bahnverspätungen
Auch am Tag nach dem Unwetter sind die Folgen noch unübersehbar. Straßen sind wegen Überflutung gesperrt, Ampelanlagen ausgefallen und Gehwege unterspült. Der lokale Radiosender Antenne Münster kann vorerst nicht über UKW senden, da der Sendeturm unter Wasser steht und sowohl die Sendeanlage als auch das Not-Stromnetz ausgefallen sind. In mehreren Stadtteilen fällt wegen vollgelaufener Trafo-Stationen weiterhin der Strom aus. Im Busverkehr kommt es zu Behinderungen. "Wir sind noch lange nicht an der Stelle, wo wir sagen, es wird ruhiger", sagte ein Polizeisprecher.
In Greven war am Vormittag die Zufahrt zur Innenstadt weiter gesperrt. Die Feuerwehr komme mit dem Abpumpen der Keller nicht hinterher, sagte eine Stadtsprecherin. Noch bis Mittwoch werde es wohl zu Stromausfällen kommen. Ein Stellwerk der Deutschen Bahn wurde durch den Wassereinbruch beschädigt und war nur eingeschränkt nutzbar. Züge im Raum Münster fielen aus oder mussten umgeleitet werden.
Bielefelder Feuerwehr unterstützt Kollegen
Die Feuerwehr ist seit Montagnachmittag im Dauereinsatz. Mehr als 1.000 Notrufe gingen bei den Rettungskräften in Münster ein. Die Telefonleitungen waren völlig überlastet. Seit Dienstagvormittag sind 75 Einsatzkräfte der Bielefelder Feuerwehr in Münster vor Ort, um die Kollegen zu unterstützen. Nach Angaben eines Sprechers sind sie für die Einsätze im südlichen Stadtgebiet zuständig.
Hilfe wird über Facebook organisiert
Einige Münsteraner versuchen sich derweil selbst zu helfen. Bei Facebook wurde eine Gruppe mit dem Namen "Regen in Münster" gegründet. Dort tauschen sich Nutzer nicht nur über ihre Erlebnisse aus, sondern werden auch selbst aktiv. Wer Zeit hat, bietet seine Hilfe zum Aufräumen an. In einer Liste wird zudem gesammelt, wo im Laufe des Tages etwas zu tun ist. Die meisten Fälle drehen sich um vollgelaufene Keller.
Rekordwerte bei Niederschlägen
Das Unwetter war nach einer Auswertung des Wetterdienstes MeteoGroup für Münster rekordverdächtig. "Noch nie seit Beginn der Wetteraufzeichnungen ist an einem Tag so viel Regen gemessen worden", sagte Meteorologin Rebekka Krampitz zu WDR.de. An einer Messstation seien 122 Liter pro Quadratmeter registriert worden. Über das Radar seien sogar Stellen mit 180 Litern erkennbar. Der bisherige Rekord von 1981 liege bei 98 Litern pro Quadratmeter. Innerhalb eines Tages sei fast doppelt so viel Regen runtergekommen wie sonst in einem durchschnittlichen Juli.
Auch andere Teile von NRW betroffen
Die Gewitter und starken Regenfälle hatten neben dem Münsterland auch Teile des Ruhrgebiets mit Schwerpunkt Essen sowie Hamm und Ahlen und die Region östlich von Aachen getroffen. Im Ruhrgebiet reichten mancherorts wenige Minuten Starkregen, um Kellerräume, Wohnungen und Straßen unter Wasser zu setzen. Im Bochumer Süden musste die Feuerwehr in der Nacht mehr als 100 Mal ausrücken. Die durch umgestürzte Bäume und Äste in der Nacht stellenweise gesperrte Strecke der S-Bahn-Linie S 1 im Ruhrgebiet wurde am Dienstagmorgen wieder freigegeben.
In Schwalmtal im Kreis Viersen hatten Blitze zwei Dachstühle in Brand gesetzt. In Hennef im Rhein-Sieg-Kreis traf ein Blitz ebenfalls einen Dachstuhl. Auch dort konnte die Feuerwehr den Brand löschen. Verletzt wurde an beiden Orten niemand.
Heute wieder Gewitter
Trotz der Regenmassen können Meteorologen für Dienstag noch keine Entwarnung geben. "Es wird im Laufe des Tages erneut zu Schauern und Gewittern kommen. Punktuell können sie auch jede Menge Regen mitbringen", sagte Rebekka Krampitz von der MeteoGroup. Wo genau die Niederschläge herunterkämen, lasse sich aber nicht vorhersagen. Für ganz NRW wurde eine Warnung vor kräftigen Schauern und Gewitter mit Starkregen herausgegeben. Erst am Mittwoch soll sich die Wetterlage wieder beruhigen.