Was Social-Media mit Schönheits-OPs zu tun haben
Stand: 30.11.2023, 19:35 Uhr
Schönheitsoperationen erleben einen Boom. Besondes Jüngere lassen sich offenbar von Bildern vermeintlicher Schönheiten in den Sozialen Medien beeinflussen - obwohl die sehr oft mit Filtern entstanden sind.
Von Nina Magoley
Vollere Lippen, weniger Falten, größere Brüste oder eine kleinere Nase - in solventen Gesellschaftskreisen waren Schönheits-Operationen immer schon beliebt. Seit nicht nur Fachärzte, sondern auch Kosmetikstudios, Heilpraktiker oder Ketten wie "Beautydoc" oder "M1 Med Beauty" Schönheitsoperationen zu günstigeren Preisen anbieten, erlebt die Branche einen regelrechten Boom.
Auch die Corona-Pandemie, als viele Menschen im Homeoffice und in Zoom-Konferenzen saßen, habe die Nachfrage deutlich gesteigert, meldet die Deutsche Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC). Einer neuen Umfrage der DGÄPC zufolge werden mit Abstand die meisten Schönheits-OPs von Frauen gewünscht - fast 85 Prozent. Dabei stieg der Altersdurchschnitt in den vergangenen Jahren kontinuierlich und lag in diesem Jahr bei 44 Jahren. Zunehmend auch ältere Frauensind dabei: Immerhin zehn Prozent der Patientinnen sind zwischen 61 und 70 Jahren.
Von einem neuen "Lebensgefühl '60 ist die neue 40'" spricht die DGÄPC. "Vorrangig möchten meine Patienten so aussehen, wie sie sich fühlen – fit, aktiv und leistungsbereit", sagt DGÄPC-Präsident Alexander Hilpert. Während bei der "jungen Zielgruppe" überwiegend körperformende Maßnahmen gewünscht seien, kämen die "Best Ager" mehrheitlich wegen verjüngender Operationen und Unterspritzungen an Gesicht und Hals.
Verlockende Angebote in den Sozialen Medien
Fettabsaugung auf Platz 4 der TOP5
Doch auch in der Gruppe der 18 bis 30-Jährigen ist der Umfrage zufolge die Nachfrage stark angestiegen. Besorgt äußerten sich die Vertreter der DGÄPC über eine offenbar zunehmende "Unkenntnis über die Qualifikation des behandelnden Arztes". In den Sozialen Medien würden Gesichtsverjüngungsmaßnahmen massiv besprochen und mit Dumpingpreisen beworben. Gerade Unter-40-Jährige fühlten sich von günstigen Angeboten angezogen. Die Folge: Immer mehr Patientinnen kämen nach verunglückten Schönheits-OPs bei anderen Anbietern in die Facharztpraxis.
Ein weiterer Trend: Immer häufiger kämen ganz junge Menschen mit Fotos von Influencerinnen zu ihm, sagt DGÄPC-Präsident Hilpert: . "Solch ein Kinn möchte ich haben", heiße es dann, "oder 'diese Nase'". Die Fotos seien in der Regel mit einem Filter digital bearbeitet - "trotzdem denken viele, das sei Realität".
In der DGÄPC-Umfrage gaben 19,4 Prozent der Befragten zwischen 18 und 30 Jahren an, dass sich ihr Wunsch nach einer Gesichtsveränderung durch Postings in den Sozialen Medien verstärkt habe. Diese Zahl hat sich laut DGÄPC im Vergleich zum vergangenen Jahr fast verdoppelt. Anfang nächsten Jahres will der Verband daher eine Petition im Bundestag auf den Weg bringen - mit der Forderung einer Kennzeichnungspflicht für gefilterte Fotos in den Sozialen Medien.
"Nicht das wahre Leben"
"Social Media üben eine unglaublichen Druck auf junge Menschen aus", sagt auch Ärztin Olga Ludewig in einer Reportage von "reporter". Auch sie erlebt, dass junge Menschen mit einem Foto von sich in die Sprechstunde kämen, auf dem ein Filter liegt - "und sagen, so möchte ich aussehen". Dabei sei ein Filter nur eine 2D-Aufnahme, warnt sie, macht die Augen größer, die Lippen voller - "aber das ist nicht das wahre Leben".
In der "reporter"-Minidoku erzählt Influencerin Chloé davon, wie sie sich seit ihrem 18. Lebensjahr immer wieder Hyaluron spritzen ließ - in die Wangen, das Kinn, die Lippen. Es habe "absolut keine Notwendigkeit" dafür gegeben, sagt sie heute - doch beim Anbieter "M1 Med Beauty" habe sie niemand davon abgehalten, immer weiter zu machen - etwa, weil sie noch so jung war. Eine Nachfrage von "reporter" ließ der Anbieter bis zur Veröffentlichung unbeantwortet.
In der Reportage appelliert Cloé schließlich an junge Menschen: "Ihr werdet blind für Eure eigene Schönheit, die Ihr von Natur aus habt." Wer sich für Eingriffe entscheide, gehe ein großes Risiko ein. Und: "Ihr werdet nie mehr Euer natürliches Gesicht wiedererlangen."
Top 5 der gefragtesten Eingriffe
Unter den TOP 5 der beliebtesten Schönheitsoperationen steht in diesem Jahr an erster Stelle die Oberlidstraffung. Gefolgt von Brustvergrößerung, Faltenunterspritzung, Fettabsaugung und Botoxbehandlung. Besonders auffällig in der Umfrage sei der "enorme Anstieg" von Brustveränderungen bei jungen Frauen unter 30 Jahren, stellt die DGÄPC fest: Während im Jahr 2022 alle Brustoperationen zusammen einen Anteil von 39,8 Prozent ausmachten, liegen die Zahl im Jahr 2023 bei 65,1Prozent.
Ganz am Ende der Hitliste finden sich medizinisch begründete Eingriffe - wie Schweißdrüsenbehandlung, Brustverkleinerung beim Mann oder die Entfernung von krebsartigen Hautveränderungen. Männer gehen am häufigsten zwecks Fettabsaugung zum Chirurgen, gefolgt von Lidstraffung, Gesichtslifting und Haartransplantation.
Unsere Quellen:
- Umfrage und Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie
- Eigene Recherche