Schon eine Stunde vor Beginn postieren sich am Mittwoch dutzende, teils schwer bewaffnete Polizisten auf dem Platz vor dem Duisburger Landgericht mitten in der Duisburger Innenstadt. Auch in den Fluren des Gerichtsgebäudes sieht man viel Polizei. Der mit Spannung erwartete Prozessstart findet unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen statt.
"Die Angeklagten sind jeweils einem der beiden Lager zuzuordnen, sodass hier auch relativ große Sicherheitsvorkehrungen nötig waren", erklärt Gerichtssprecherin Lara Zwirnmann. Die beiden Lager, das sind laut Anklage der Staatsanwaltschaft die Rockergruppe Hells Angels und ein türkisch-libanesischer Familienclan.
Tumulte auf dem Altmarkt: Verabredetes Treffen
Bei Tumulten am Abend des 04. Mai 2022 waren rund 100 Anhänger der rivalisierenden Gruppen auf dem Hamborner Altmarkt im Duisburger Norden aneinandergeraten - ein verabredetes Treffen, wie es in der Anklageschrift heißt. Eine zunächst lautstarke Auseinandersetzung sei eskaliert, dann seien auf beiden Seiten Schüsse gefallen.
Mehrere Menschen durch Schüsse verletzt
Die beiden mutmaßlichen Schützen sitzen jetzt auf der Anklagebank. Die 39-jährigen Männer werden am ersten Prozesstag mit Handschellen in den Gerichtssaal geführt. Beide befinden sich seit rund 8 Monaten in Untersuchungshaft.
Einer soll am Abend des 4. Mai 2022 neun mal geschossen haben, der andere sieben mal, so die Anklage. Vier Menschen seien damals von Kugeln getroffen und verletzt worden.
Die Anklage wirft den Männern versuchten Mord vor, außerdem gefährliche Körperverletzung und Landfriedensbruch. Es sei "allein dem Zufall zu verdanken", so die Staatsanwältin bei der Verlesung der Anklage, "dass bei der Schießerei keine Unbeteiligten verletzt oder getötet wurden".
Kriminalbeamter: "Der Rechtsstaat wird abgelehnt"
Es ist nicht der erste Prozess dieser Art in Duisburg. Immer wieder werden hier – wie auch in anderen Ruhrgebietsstädten - Rocker und Clans auffällig.
Für Oliver Huth vom Bund deutscher Kriminalbeamter liegt noch viel Arbeit vor den Behörden: "Alle Beteiligten geben sich Mühe, aber es reicht vorne und hinten nicht. Der Staat ist zu wenig präsent. Duisburg hat viele Themen der organisierten Kriminalität auf dem Tisch von italienischer Mafia bis zu Clans und Rockern".
Schwierig sei es, die Strukturen zu knacken. In der organisierten Kriminalität werde nach eigenen Regeln gespielt, sagt Oliver Huth: "Die Geschädigten reden nicht mit der Polizei, obwohl sie Opfer eines versuchten Tötungsdelikts geworden sind und dann kommen noch Friedensrichter ins Spiel. Das zeigt, wo wir stehen, da kann man nicht mit zufrieden sein. Die Demokratie und der Rechtsstaat werden nach wie vor abgelehnt".
Ermittlungen gegen 49 weitere Personen
Ob der Prozess zur Schießerei am Hamborner Altmarkt neue Erkenntnisse bringen wird, bleibt abzuwarten. Zum Auftakt wurde zunächst nur die Anklageschrift verlesen. Am 22.02. soll der Prozess fortgesetzt werden. Ein Urteil könnte es nach aktuellem Stand im Juli geben.
Parallel laufen in dem Fall weiter Ermittlungen gegen 49 weitere Personen, die an der Auseinandersetzung beteiligt gewesen sein sollen.