Urteil gekippt: Wegen Kinderlärm drohte Bußgeld bis 250.000 Euro
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Urteil gekippt: Wegen Kinderlärm drohte Bußgeld bis 250.000 Euro
Stand: 20.12.2024, 16:29 Uhr
Das Landgericht Bonn hat das Urteil gegen ein Ehepaar aus Bad Godesberg wegen Kinderlärm-Belästigung endgültig aufgehoben.
Von Uwe Fohrmann
Mit der Entscheidung gab das Gericht der Berufung des Beklagten statt. Zuvor hatte das Amtsgericht Bonn die Familie angewiesen, die Ruhezeiten einzuhalten, ansonsten drohe ein Bußgeld. Das Urteil ist rechtskräftig.
Nachbar beschwerte sich über Kinderlärm
In diesem Haus wohnte die beklagte Familie mit ihren beiden Kindern
Die Familie lebte mit den beiden Töchtern, die heute drei und sieben Jahre alt sind, in einem Mehrfamilienhaus im Bonner Stadtteil Bad Godesberg. Die Jüngere war am Anfang laut Eltern ein sogenanntes Schreikind. Der Nachbar beschwerte sich darüber, aber auch über das Klicken von Lichtschaltern, über Türknallen und über lautes Herumlaufen. Er führte sogar ein Lärmprotokoll.
Weitere Nachbarn sollten seine Zeugen sein. Schließlich schaltete er einen Anwalt ein. Dieser leitete ein Schiedsverfahren ein. Dabei konnten sich die beiden Parteien jedoch nicht einigen. Also reichte der Anwalt eine Unterlassungsklage beim Amtsgericht Bonn ein.
Amtsrichter verurteilte die Familie
In Deutschland gibt es gesetzliche Ruhezeiten. Und zwar von 22 bis 6 Uhr morgens, die Nachtruhe. An Sonn- und Feiertagen gilt die Ruhezeit auch tagsüber. Zur Mittagsruhe gibt es in Nordrhein-Westfalen keine einheitliche Regelung.
Der Amtsrichter zeigte zunächst ein Mindestmaß an Verständnis und sprach von einer "gesteigerten Duldungspflicht in Bezug auf Kinderlärm". Trotzdem müsse der Lärm im sozialverträglichen Rahmen bleiben. In diesem speziellen Fall sei dieser aber gesprengt.
Bußgeld-Drohung bis zu 250.000 Euro
In seinem Urteil entschied der Amtsrichter, dass die Eltern ruhestörenden Lärm während der Ruhezeiten zwischen 12 und 15 Uhr, sowie 22 bis 7 Uhr, sowie an Sonn- und Feiertagen, unterbinden müssen. Andernfalls drohe ein Bußgeld von bis zu 250.000 Euro.
Die Familie hatte Angst vor dem Bußgeld und versuchte, in den folgenden Wochen die vom Richter angeordnete Ruhe einzuhalten. Oft ging das Ehepaar mit den Kindern auf den Spielplatz und erinnerte die beiden Töchter daran, in der Wohnung leise zu sein. Die Familie entschied gegen das Urteil in Berufung zu gehen.
Landgericht kippt Entscheidung des Amtsgerichts
Zuständig für das Verfahren war der Präsident des Landgerichts Bonn, Dr. Stefan Weismann. In seinem Urteil sagte Weismann dem WDR, dass diese Art des Kinderlärms durchaus sozial adäquat sei. Er deutete das Verhalten der beiden Mädchen in der Wohnung als hinnehmbar. Der Kläger muss nun die Gerichtskosten übernehmen. Das Urteil ist rechtskräftig.
Die vierköpfige Familie wohnt inzwischen nicht mehr in dem Mehrfamilienhaus. Sie ist in ein Haus im ländlichen Umland von Bonn gezogen.
Kinderlärm wird anders bewertet - Höchstsumme im Alltag unüblich
Krach von Kindern wird im gesetzlichen Sinne nicht als Lärm gedeutet. Der Lärm, der von Kindern ausgeht, ist nicht dauerhaft - im Gegensatz beispielsweise zum Surren einer Wärmepumpe im Winterbetrieb. Darüber hinaus gibt es keine Dezibel-Grenzen für Kinderlärm. Zum angedrohten Bußgeld eine Einordnung des Bonner Landgerichtspräsidenten: Bei 250.000 Euro handele es sich um den gesetzlichen Höchstbetrag. In der der Praxis liegt ein Bußgeld wegen Lärms in der Regel im Bereich von maximal mehreren hundert Euro, heißt es vom Bonner Landgericht.
Unsere Quellen:
- Präsident Landgericht Bonn
- Pressestelle Landgericht Bonn