Beantragt hatten den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss CDU und FDP. Sie sind nicht zufrieden mit der bisherigen Aufklärung der sexuellen Übergriffe am Kölner Hauptbahnhof in der Silvesternacht. SPD und Grüne haben sich dem Antrag angeschlossen. Das ist zum einen parlamentarischer Brauch in NRW. Zum anderen wollen die Regierungsfraktionen keinesfalls den Eindruck vermitteln, irgendetwas unter den Teppich kehren zu wollen. "Dieser Ausschuss ist wichtig", sagt der künftige Obmann der SPD im Ausschuss, Hans-Willi Körfges. "Wir wollen eine lückenlose und vorurteilsfreie Aufarbeitung der Geschehnisse." Die Piraten hingegen halten den Ausschuss für überflüssig. Sie verlangen den sofortigen Rücktritt von Innenminister Ralf Jäger (SPD), um einen "Neuanfang in der Innenpolitik" hinzubekommen. Bei der Abstimmung am Mittwoch (27.01.2016) enthielten sie sich.
Bis Herbst muss die Ausschussarbeit beendet sein
Viel Zeit für Aufklärung bleibt den Parlamentariern nicht. Der frisch gewählte Ausschuss-Vorsitzende, Peter Biesenbach von der CDU, rechnet damit, dass die Untersuchungen schon im Spätherbst dieses Jahres abgeschlossen sein müssen. Im Frühjahr 2017 wird in NRW ein neuer Landtag gewählt; mit dem Ende der Legislaturperiode endet auch die Ausschussarbeit. Bereits am kommenden Freitag (29.01.2016) treffen sich die Obleute der Fraktionen zu ersten Abstimmungen.
Die verlorene Sicherheit soll wieder hergestellt werden
Das Hauptziel des Ausschusses formulieren die vier beantragenden Fraktionen grundsätzlich ähnlich: Das Vertrauen der Menschen in die Sicherheit und die Handlungsfähigkeit des Staates soll wieder hergestellt werden. Nach den Vorfällen in der Silvesternacht sei die Stimmung im Land angespannt. "Die Bürger rüsten auf, Bürgerwehren organisieren sich, Rocker gehen auf Streife", sagt der FDP-Abgeordnete Marc Lürbke. SPD-Frau Britta Altenkamp spricht von einem "Kollateralschaden" der Silvesternacht: "Mädchen und Frauen schränken sich in ihrer Lebensweise ein, gehen nicht mehr alleine vor die Tür." Und Piraten-Fraktionschef Michele Marsching sieht gar ein "trudelndes, destabilisiertes Land". Das Grundvertrauen der Bürger sei verloren. Und der Ausschuss müsse helfen, dieses wieder herzustellen.
Aber wie soll das geschehen? In dieser Frage unterscheiden sich die Ausrichtungen der Fraktionen. CDU und FDP kommt es vor allem darauf an, die Fehler der Polizeiführung und des nordrhein-westfälischen Sicherheitsapparates aufzudecken. Wie ist der Polizeieinsatz geplant worden? Was genau ist an welcher Stelle schiefgelaufen? Wer ist verantwortlich für die schlechte Kommunikation an den Tagen nach Silvester? Und: Wer wusste wann was? Das sind die Kernfragen von CDU und FDP. Darüber hinaus möchten die Fraktionen wissen, ob der katastrophale Polizeieinsatz mit der Struktur der Polizei zu tun hat. Wurden zu wenig Polizisten eingesetzt, weil die Personaldecke angespannt ist?
SPD und Grüne wollen die Rolle aller Akteure beleuchten
SPD und Grüne wollen sich zwar an der Aufklärungsarbeit beteiligen. Aber weil mit Innenminister Jäger ein prominenter Vertreter der rot-grünen Landesregierung im Fokus der Kritik steht, sieht ihre Prioritätensetzung etwas anders aus. "Der Ausschuss ist kein Ort für parteipolitisches Kalkül und markiert auch nicht den Beginn des Wahlkampfes", mahnt SPD-Mann Körfges. Ihm ist wichtig, die Rolle aller Akteure zu beleuchten. Also auch die von Bundespolizei und BKA, für die Bundesinnenminister Thomas de Mazière (CDU) zuständig ist. Den Grünen liegt am Herzen, über sexualisierte Gewalt insgesamt und Prävention zu sprechen. Die Piraten schließlich, die sich trotz ihrer Ablehnung am Ausschuss beteiligen werden, wollen das Thema Opferschutz in den Mittelpunkt stellen.