Oasis kündigen ihr Comeback an | WDR aktuell

00:56 Min. Verfügbar bis 27.08.2026

Musikexperte zu Oasis-Comeback: "Der Zeitpunkt ist perfekt"

Stand: 27.08.2024, 12:36 Uhr

Was Take That kann, können sie auch: Oasis kehren 2025 zurück und gehen auf große Welttournee durch die Stadien. Was ist von dem Comeback der Band zu erwarten?

"Don't Look Back in Anger": Die Brüder Noel und Liam Gallagher halten sich offenbar an den Text eines ihrer bekanntesten Songs und haben am Dienstagmorgen das Comeback ihrer Band Oasis angekündigt. Im kommenden Jahr wollen die beiden wieder gemeinsam auf der Bühne stehen, teilten sie in den sozialen Medien mit. Demnach sind Konzerte in London, Manchester, Cardiff, Edinburgh und Dublin geplant. Danach will die Band auf Welttournee gehen, konkrete Termine sollen folgen.

Mit Liedern wie "Wonderwall", "Live Forever" und "Supersonic" prägte die Band aus Manchester die 1990er-Jahre. Oasis wurde zu einer der erfolgreichsten Bands der britischen Musikgeschichte, die stets von der Dynamik zwischen Sänger Liam (51) und Gitarrist und Songwriter Noel (57) lebte. Die beiden verband eine Art Hassliebe, auf große Songs folgten regelmäßig große Anfeindungen. 2009 trennte sich Oasis, nach einem Streit mit Liam verließ Noel die Band, beide starteten Solokarrieren - und zogen in Interviews regelmäßig übereinander her. Auch in Gesprächen mit dem Kölner Journalisten André Boße, der den Gallaghers insgesamt viermal gegenüber saß.

Oasis-Comeback

WDR Studios NRW 27.08.2024 00:45 Min. Verfügbar bis 27.08.2026 WDR Online


Nach all den Gemeinheiten zwischen den beiden Gallagher-Brüdern kommt nun doch das Oasis-Comeback: Hätten Sie gedacht, dass diese Reunion jemals stattfindet?

Portrait von André Boße

Musikjournalist André Boße

André Boße: Ja. Alle Indizien haben darauf hingewiesen. Zum einen ist Liam Gallagher, der ja immer die größere Klappe hatte, ein milderer Mensch geworden, und es wirkt, als habe er die Nostalgie und den Wert der Vergangenheit für sich entdeckt. Er will einfach die große Geste und die großen Hits singen. Ich glaube zudem, die Gallaghers haben gesehen, dass die neuen Stars wie Adele oder Taylor Swift diese riesigen Shows spielen. Und die beiden sitzen zu Hause und denken sich: "Das können wir doch auch. Das Wembley-Stadion in London machen wir auch voll, wenn wir wollen." Dafür haben sie sich dann zusammengerauft.

Die Gallaghers haben sich in der Öffentlichkeit teils böse beschimpft. Was glauben Sie, wie haben die beiden ihre Differenzen überwunden?

Die Oasis Mitglieder Noel und Liam Gallagher

Streitbares Brüderpaar: Die Gallaghers

Boße: Man muss sich bei dem Streit zwischen den Brüdern schon fragen, wie viel Inszenierung letztlich dabei war. Ging der Hass wirklich so tief oder war das auch ein Showeffekt? Ich glaube, am Ende von Oasis konnten sie sich tatsächlich nicht mehr ausstehen, aber in den vergangenen Jahren hat es eine Annäherung gegeben. Die Zeit für eine Reunion ist jetzt perfekt.

Inwiefern?

Boße: Britpop ist wieder mehr angesagt als noch vor ein paar Jahren. Die großen Oasis-Rivalen Blur haben es letztes Jahr vorgemacht und in Wembley gespielt, Pulp kommen auch zurück. Und im nächsten Jahr feiert das Oasis-Album "What’s The Story, Morning Glory" 30-jähriges Jubiläum. Da gibt es dann schon den Drang, dem "Nachwuchs" zu zeigen, wer die wahre Stadionband ist: Oasis nämlich.

Es geht also eher um Relevanz als um Geld?

Sänger Liam Gallagher mit einem Schellenring zwischen den Zähnen

Liam Gallagher: Zeit für große Gesten

Boße: Ja. Das mit dem Geld wird immer schnell behauptet in solchen Fällen, aber ich glaube, das spielt keine so große Rolle. Die beiden leben immer noch relativ geerdet, keine teuren Hobbies, keine riesigen Anwesen in Hollywood. Es geht wohl eher um das Gefühl, in einem riesigen Stadion auf der Bühne zu stehen. Darauf haben die beiden Bock, und das haben sie mit ihren Solokarrieren eben nie geschafft.

Was für ein Publikum ist zu erwarten? Kommt da nur die Generation 45+, die die Songs ihrer Jugend feiert?

Boße: Nein, das glaube ich nicht. Natürlich gibt es die Oasis-Ultras von damals, die sich jetzt schon freigenommen haben für den Tag, an dem die Tickets in den Vorverkauf gehen. Aber ähnlich wie Coldplay ist auch Oasis eine Band, die immer wieder neue, junge Fans anspricht. Von daher erwarte ich ein buntes und vielfältiges Generationenfest mit all den großen Hits. Und dem Song "Champagne Supernova" als letzten.

Glauben Sie, die Reunion ist etwas Einmaliges für diese Tournee? Oder geht es danach weiter mit Oasis?

Die Band Oasis bei einem Auftritt bei Wetten, dass...?

2009 bei Wetten dass...?: Einer der letzten Oasis-TV-Auftritte

Boße: Solche Konzerte sind ja wahnsinnig große Events geworden, für die man eine riesige Infrastruktur aufbauen muss. Von daher gehe ich davon aus, dass zumindest zu den jetzt angekündigten Konzerten im kommenden Sommer noch einige dazukommen werden. Ich glaube, dass die Band dann ein bis zwei Jahre lang auf Tour sein wird, und zwar rund um die Welt, und bestimmt auch mal in Deutschland. Aber was danach kommt? Das muss man abwarten. Ich glaube, das wissen die beiden selbst noch nicht. 

Von Elvis bis Toni Kroos: Die Geschichte der Comebacks

Von Ingo Neumayer

Ein gelungenes Rezept von früher noch mal kochen: Das kann schmecken, manchmal tut es das aber auch nicht. Anlässlich der Oasis-Reunion präsentieren wir acht unvergessliche Comebacks.

Elvis Presley bei Auftritt 1970

In den 50er-Jahren war Elvis Presley ein unbestrittener Superstar, doch danach kam er etwas vom Weg ab. Statt auf der Bühne sah man ihn viele Jahre lang nur noch in zweit- bis drittklassigen Filmen. Das änderte sich im Dezember 1968, als Elvis das "'68 Comeback Special" hinlegte. Ein fulminantes Livekonzert, das im TV gezeigt wurde und klar machte, um wen es sich hier handelte: Hier stand kein hölzerner "Love Interest" in harmlosen Komödien vor der Kamera, sondern der King of Rock'n'Roll himself.

In den 50er-Jahren war Elvis Presley ein unbestrittener Superstar, doch danach kam er etwas vom Weg ab. Statt auf der Bühne sah man ihn viele Jahre lang nur noch in zweit- bis drittklassigen Filmen. Das änderte sich im Dezember 1968, als Elvis das "'68 Comeback Special" hinlegte. Ein fulminantes Livekonzert, das im TV gezeigt wurde und klar machte, um wen es sich hier handelte: Hier stand kein hölzerner "Love Interest" in harmlosen Komödien vor der Kamera, sondern der King of Rock'n'Roll himself.

Mit ihrem Mann Ike hatte Tina Turner große Hits - aber auch eine schlimme Zeit. Denn Ike verprügelte seine Frau und brachte sie um ihre Gagen und Anteile. Die beiden trennten sich Mitte der 70er-Jahre, und danach sank Tinas Stern rapide. Das Interesse des Publikums ließ nach, der Plattenvertrag war futsch, stellenweise musste sie von Lebensmittelmarken leben. Das alles änderte sich 1984 mit "Private Dancer", das bis heute als eines der größten Comeback-Alben aller Zeiten gilt. Turner sah sich fortan die Charts von ganz oben an. Und ihr Ex-Mann? Geriet im Vergleich dazu schnell in Vergessenheit.

Die Ärzte bezeichnen sich selbst schon seit langem als "beste Band der Welt". Das hielt sie aber nicht davon ab, sich 1988 auf dem Bis-dato-Höhepunkt ihrer Bandgeschichte aufzulösen. Der Ärzte-Frontmann Farin Urlaub wettete damals mit Hosen-Sänger Campino, dass es niemals zu einer Reunion kommen würde. Doch fünf Jahre später war es soweit: Per Zeitungsanzeige ("Beste Band der Welt sucht Plattenfirma") fanden Die Ärzte ein Label und läuteten so die zweite Bandphase ein, die noch erfolgreicher verlief als die erste. Das gilt bis heute: Am vergangenen Wochenende spielte die Band drei Konzerte in Berlin - vor insgesamt knapp 150.000 Zuschauern.

Mit dem Tod von Sänger Freddie Mercury im Jahr 1991 schien auch das Kapitel Queen für immer geschlossen. Doch die Rufe der Fans und die Verlockungen der Promoter waren wohl zu stark für die verbliebenen Mitglieder, die mehrere Comeback-Versuche mit neuen Sängern starteten. 2012 engagierte die Band den ehemaligen "American Idol"-Finalisten und Musical-Sänger Adam Lambert als Mercury-Nachfolger. Eine Wahl, die die Gemüter erhitzte und für gemischte Gefühle sorgte. Lambert sang zwar gut und lieferte auch eine imposante Show ab. Aber der Schatten seines Vorgängers war dann vielleicht doch zu groß...

Als Guns N'Roses 2016 ihr Comeback ankündigten und zumindest einen Teil der Urbesetzung aus den 80er-Jahren wiedervereinigten, rieben sich viele verwundert die Augen. In Interviews hatte Sänger Axl Rose auf die Frage, ob er noch einmal mit Gitarrist Slash auf der Bühne stehen werde, geantwortet: "In diesem Leben nicht mehr". Doch wenig später raufte sich die Band wieder zusammen, und konsequenterweise taufte man dann auch die folgende Konzertreise die "Not In This Lifetime"-Tour. Seitdem ist die Band regelmäßig unterwegs, und das ziemlich erfolgreich. Dass besonders Axl Rose etwas in die Jahre gekommen ist und bisweilen Schwierigkeiten hat, sein Image als viriler Rebell und Rabauke auf der Bühne rüberzubringen, nimmt ihm kaum jemand übel.

Ein Comeback der ganz besonderen Art legten ABBA 2021 hin: Das schwedische Quartett veröffentlichte mit "Voyage" sein erstes Album nach 40 Jahren Pause. Und nicht nur das, auch Liveauftritte sollten folgen. Bei diesen standen die Mitglieder allerdings nicht selbst auf der Bühne, sondern überließen die Show vier virtuellen Avataren. Das war natürlich äußerst praktisch: Avatare wollen keine Gage, sind nie erschöpft, verkatert oder schlecht gelaunt - und schminken und in zu enge Kostüme pressen muss man sie auch nicht. Bedenken, dass das Publikum die technisch aufwendigen Shows als zu künstlich empfinden würde, zerstreuten sich schnell. Die Konzerte, die seit 2022 täglich in einer eigens dafür gebauten Halle in London stattfinden, sind meist ausverkauft und wurden schon von mehr als zwei Millionen Zuschauern besucht.

Doch nicht nur Bands, auch Politiker, Frisuren und Sportler können Comebacks feiern. Wie zum Beispiel Toni Kroos, der nach jahrelanger Pause pünktlich zur Heim-EM 2024 wieder in das Trikot der deutschen Nationalelf schlüpfte. Nicht nur als Statist oder Maskottchen, sondern als Kopf, Dreh- und Angelpunkt der Mannschaft. Zum Titelgewinn hat es am Ende zwar nicht gereicht, aber am Kroos-Comeback lag das mit Sicherheit nicht. Im Gegenteil: Kroos erspielte sich am Ende seiner Karriere den Respekt und die Meriten, die ihm nach Meinung vieler Experten schon lange gebühren. Nicht umsonst wurde er nach dem Turnier zum "Fußballer des Jahres" gewählt.

Unsere Quellen:

  • Das Interview führte Ingo Neumayer
  • Nachrichtenagentur dpa