"Don't Look Back in Anger": Die Brüder Noel und Liam Gallagher halten sich offenbar an den Text eines ihrer bekanntesten Songs und haben am Dienstagmorgen das Comeback ihrer Band Oasis angekündigt. Im kommenden Jahr wollen die beiden wieder gemeinsam auf der Bühne stehen, teilten sie in den sozialen Medien mit. Demnach sind Konzerte in London, Manchester, Cardiff, Edinburgh und Dublin geplant. Danach will die Band auf Welttournee gehen, konkrete Termine sollen folgen.
Mit Liedern wie "Wonderwall", "Live Forever" und "Supersonic" prägte die Band aus Manchester die 1990er-Jahre. Oasis wurde zu einer der erfolgreichsten Bands der britischen Musikgeschichte, die stets von der Dynamik zwischen Sänger Liam (51) und Gitarrist und Songwriter Noel (57) lebte. Die beiden verband eine Art Hassliebe, auf große Songs folgten regelmäßig große Anfeindungen. 2009 trennte sich Oasis, nach einem Streit mit Liam verließ Noel die Band, beide starteten Solokarrieren - und zogen in Interviews regelmäßig übereinander her. Auch in Gesprächen mit dem Kölner Journalisten André Boße, der den Gallaghers insgesamt viermal gegenüber saß.
Nach all den Gemeinheiten zwischen den beiden Gallagher-Brüdern kommt nun doch das Oasis-Comeback: Hätten Sie gedacht, dass diese Reunion jemals stattfindet?
André Boße: Ja. Alle Indizien haben darauf hingewiesen. Zum einen ist Liam Gallagher, der ja immer die größere Klappe hatte, ein milderer Mensch geworden, und es wirkt, als habe er die Nostalgie und den Wert der Vergangenheit für sich entdeckt. Er will einfach die große Geste und die großen Hits singen. Ich glaube zudem, die Gallaghers haben gesehen, dass die neuen Stars wie Adele oder Taylor Swift diese riesigen Shows spielen. Und die beiden sitzen zu Hause und denken sich: "Das können wir doch auch. Das Wembley-Stadion in London machen wir auch voll, wenn wir wollen." Dafür haben sie sich dann zusammengerauft.
Die Gallaghers haben sich in der Öffentlichkeit teils böse beschimpft. Was glauben Sie, wie haben die beiden ihre Differenzen überwunden?
Boße: Man muss sich bei dem Streit zwischen den Brüdern schon fragen, wie viel Inszenierung letztlich dabei war. Ging der Hass wirklich so tief oder war das auch ein Showeffekt? Ich glaube, am Ende von Oasis konnten sie sich tatsächlich nicht mehr ausstehen, aber in den vergangenen Jahren hat es eine Annäherung gegeben. Die Zeit für eine Reunion ist jetzt perfekt.
Inwiefern?
Boße: Britpop ist wieder mehr angesagt als noch vor ein paar Jahren. Die großen Oasis-Rivalen Blur haben es letztes Jahr vorgemacht und in Wembley gespielt, Pulp kommen auch zurück. Und im nächsten Jahr feiert das Oasis-Album "What’s The Story, Morning Glory" 30-jähriges Jubiläum. Da gibt es dann schon den Drang, dem "Nachwuchs" zu zeigen, wer die wahre Stadionband ist: Oasis nämlich.
Es geht also eher um Relevanz als um Geld?
Boße: Ja. Das mit dem Geld wird immer schnell behauptet in solchen Fällen, aber ich glaube, das spielt keine so große Rolle. Die beiden leben immer noch relativ geerdet, keine teuren Hobbies, keine riesigen Anwesen in Hollywood. Es geht wohl eher um das Gefühl, in einem riesigen Stadion auf der Bühne zu stehen. Darauf haben die beiden Bock, und das haben sie mit ihren Solokarrieren eben nie geschafft.
Was für ein Publikum ist zu erwarten? Kommt da nur die Generation 45+, die die Songs ihrer Jugend feiert?
Boße: Nein, das glaube ich nicht. Natürlich gibt es die Oasis-Ultras von damals, die sich jetzt schon freigenommen haben für den Tag, an dem die Tickets in den Vorverkauf gehen. Aber ähnlich wie Coldplay ist auch Oasis eine Band, die immer wieder neue, junge Fans anspricht. Von daher erwarte ich ein buntes und vielfältiges Generationenfest mit all den großen Hits. Und dem Song "Champagne Supernova" als letzten.
Glauben Sie, die Reunion ist etwas Einmaliges für diese Tournee? Oder geht es danach weiter mit Oasis?
Boße: Solche Konzerte sind ja wahnsinnig große Events geworden, für die man eine riesige Infrastruktur aufbauen muss. Von daher gehe ich davon aus, dass zumindest zu den jetzt angekündigten Konzerten im kommenden Sommer noch einige dazukommen werden. Ich glaube, dass die Band dann ein bis zwei Jahre lang auf Tour sein wird, und zwar rund um die Welt, und bestimmt auch mal in Deutschland. Aber was danach kommt? Das muss man abwarten. Ich glaube, das wissen die beiden selbst noch nicht.
In den 50er-Jahren war Elvis Presley ein unbestrittener Superstar, doch danach kam er etwas vom Weg ab. Statt auf der Bühne sah man ihn viele Jahre lang nur noch in zweit- bis drittklassigen Filmen. Das änderte sich im Dezember 1968, als Elvis das "'68 Comeback Special" hinlegte. Ein fulminantes Livekonzert, das im TV gezeigt wurde und klar machte, um wen es sich hier handelte: Hier stand kein hölzerner "Love Interest" in harmlosen Komödien vor der Kamera, sondern der King of Rock'n'Roll himself.
Bild 1 / 7
Unsere Quellen:
- Das Interview führte Ingo Neumayer
- Nachrichtenagentur dpa